Maskenmode

Die Krise hat auch ihr Gutes. Österreich rückt näher zusammen, indem es mehr Abstand hält. Sozialdistanz ist Schulterschluss! Keine Nation wäre besser geeignet, dialektischen Vorgängen dieses Umfangs Raum zu geben, als das Land der Gegensätze. Sünde und Vergebung fallen in eins. Ischgl ist jetzt immun.

Weil wir ein dankbares Volk sind, murren wir. Das liegt auch daran, dass die Begrifflichkeiten „Abstand“ und „Rücksicht“, und die Längeneinschätzung „1 Meter“ die Bevölkerung noch nicht ganz erreicht haben. Von der Verwirrung, die die mathematischen Wendung „Exponentialfunktion“ auslöst, ganz abgesehen. Exponiert sind wird doch alle. Schuld sind die Funktionäre.

Die Zeit der Krise ist auch eine Krise der Zeit. Das Verbotene reizt, das Reizende ist verboten. Also sind die großen Parks und Promenaden geschlossen. Niemand soll sich mit Frischluft anstecken. Der Spaziergang, einst den Alten und Gebrechlichen vorbehalten, fordert jetzt die Jungen und Extremsportbegabten. Der Gang um den Häuserblock ist das neue Bungee-Jumping. Aber was trägt man da? Man trägt jetzt Maske.

Das Land der Berge ist auch das Land der Bastler. Die Fähigkeit aus Nichts Brauchbares zu machen und aus Brauchbarem Nichts, liegt uns in den Genen. Noch nie wurde soviel genäht wie dieser Tage. Wer auf sich hält, hat Muttis Nähmaschine aufgestellt und transformiert Kissenbezüge und Geschirrtücher in Masken. Schnittmuster werden gehandelt wie Aktienpakete, Krisengewinnler sind alle, die in Handarbeiten gut aufgepasst haben.

Die Maske ist der neue Hut. Alle tragen sie. Aber auch hier gilt: Individualität ist alles.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 11. April 2020.

Anatomie eines Virus

Den Umständen geschuldet hat sich das Land der 9 Millionen Teamchefs zu einer Hochburg der Gesundheitswissenschaften gewandelt. Privatexperten melden sich im Sekundentakt zu Eigenem, Allgemeinem und Metaphysischem. Das Heer der heimischen Auskenner zerfällt in zwei Lager: Hie die schwermütigen Hypochonder, da die aufgewühlten Superhelden. Als Spitzenexponenten im Verleugner-Lager galten sehr lange der US-amerikanische Virologe Dr. Donald Trump, Ordinarius an der Universität Covfefe, und der englische Seuchenforscher Dr. Boris Johnson vom Institut für Suizidaltechnik der Universität Brexit. Beide Experten mussten Ihre Theorien (Fake Virus from China) und (Alle Alten dürfen gehen) inzwischen nachjustieren. Dem einen entglitt die Infektionsrate, der andere steckte sich selbst an.

Virologen und Epidemiker hatten solches vorausgesehen, was ihren Ruf als Hysteriker transformierte: Sie gelten jetzt als chinesische Agenten, die das westliche System des Sparens und Haushaltens ruinierten. Außerdem arbeiteten sie mit falschen Zahlen, sagen die Home-Office-Privat-Dozenten: Ihre Kurven zeigten stets nach oben. Statistisch ganz unmöglich! Jede Grippe sei schlimmer!11!111 Was seien ein paar tausend tote Großeltern gegen allerorten zugesperrte Friseursalons?

Die Argumente-Schlacht findet auf Facebook und Twitter statt: Ausgeh-Süchtige gegen Daheimbleib-Aficionados. Die Positionen scheinen unvereinbar. Den einen fällt die Decke auf den Kopf, den anderen der Himmel. Dazwischen rudern Denker und Dichter, vor allem aber Hobby-Musiker um Deutungshoheit. Egal, was uns passiert: We are from Austria.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 4. April 2020.

Corona Frisuren

Dieser März hat unser aller Leben verändert. Manche hatten alles vorausgesehen, waren am Strand der Aktualitäten gestanden und hatten gesehen, gehört, gespürt wie sich das Meer zurückzieht, um sich für die große Welle zu sammeln. Da hatten andere noch gesagt, wir sind nicht China, nicht der Iran und eigentlich auch nicht Italien. Aber jetzt ist der Corona-Tsunami da. Langsam, fast in Zeitlupe, und doch unaufhaltsam flutet er unser Leben. Es ist anders geworden. Stiller, bedächtiger, und trotz aller Distanz intimer.   

In der Upper Westside Leopoldstadt, wo ich wohne, sind nur Abstandhalter unterwegs. In die Apotheke treten (sehr unwienerisch) nur Einzelne ein. In den einsamen Regalschluchten der Parfumerie gibt es wieder palettenweise Klopapier, aber noch immer sind Seifen aller Art Luxusware. Die Parfumerie-Dame ist sich mit mir einig, dass wir alle Entschleunigung brauchen. 

Draußen auf der Straße ist man schon soweit. Im Nachbarblock sitzt ein Romeo auf mitgebrachtem Sessel vor dem offenen Fenster der darin chillenden Julia und spielt Erfreuliches auf der Ukelele. Ein normaler Tag in meinem Grätzl. Ich treffe seit Jahren zum erstenmal meine Nachbarin auf der Straße. Wir tragen beide Schutzbrillen von Ray-Ban und plaudern mit Romeo und Julia (Gesamtabstand untereinander 9,8 Meter): Wenn Corona vorbei ist, machen wir so weiter. „Die Krise ist eine Chance!“ sage ich. „Ein Schas?“ fragt Romeo (er ist Deutscher und integriert). „Beides“, antworten wir Schutzbebrillten. Alle lachen. Auch über unsere Frisuren.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 28. März 2020.

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Ursprüngliche Version:

Wenn wir diese Kolumne lesen, blicken wir in die Vergangenheit. Texte dieser Art werden aus produktionstechnischen Gründen ein paar Tage im voraus geschrieben. Normalerweise mündet dies nicht ins Delta des Aktualitätsverlustes. Corona hat das radikal geändert. Und obwohl dieser Tsunami, am Beispiel Chinas (und des uns doch so nahen Italiens) in Zeitlupe auf uns zurollt, schon einige nass und noch mehr ängstlich gemacht hat, muss jeder Blick in die Zukunft versagen. Blicken wir also in die Vergangenheit. Wie war das heute nachmittag, am 19. März 2020, kurz vor dem Verfassen dieser Kolumne:

„Kleiner Lagebericht aus der Upper Westside Leopoldstadt. Nur Abstandhalter unterwegs. In die Apotheke (Fernblick) treten nur Einzelne ein. In der günstigen Parfumerie gibt es jetzt wieder palettenweise Klopapier, aber noch immer kein Ajax, Ärzteseife nur in Riegelform, Flüssigseife ist aus. Die Parfumerie-Dame ist sich mit mir einig, dass wir alle Entschleunigung brauchen. Beteiligte (im Abstand 1,5) lassen die Worte „moderne Sklaverei“ und „Falotten“ fallen.

Im Nachbarblock sitzt ein Romeo auf mitgebrachtem Sessel vor dem offenen Fenster der darin chillenden Julia und spielt Erfreuliches auf der Ukelele. Kein normaler Tag in meiner Hood. Ich treffe seit Jahren zum erstenmal meine Nachbarin auf der Straße. Wir tragen beide Schutzbrillen von Ray-Ban und plaudern mit Romeo und Julia (Gesamtabstand untereinander 9,8 Meter): Wenn wir das überleben, machen wir so weiter. „Die Krise ist eine Chance!“ sage ich. „Ein Schas?“ fragt Romeo (er ist Deutscher und integriert). „Beides“, antworten die Schutzbebrillten. Alle lachen.“

Hysterie, Panik, Verschwörung, Theorie

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 13/2020 zum 25. März 2020.

Liebe Frau Andrea,
ich habe einen sehr lieben Freund, der auf Corona ganz spezifisch reagiert. Er hält mein Social Distancing für Hysterie und die Einschränkungen und Verordnungen für Panikmache seitens der Regierungen (weltweit), um uns zu zeigen, was wir uns alles gefallen lassen müssen und vor allem, wie gut und vorsorglich sie nicht sind (die chinesische sei da wohl Weltmeister). An der Influenza, am Autoverkehr und an der Umweltverschmutzung würden ungleich mehr Menschen sterben, das kümmere keinen.
Was antworte ich ihm?
Lydia Comelli-Koller, Neubau, per Email

Liebe Lydia,

begegnen Sie Ihrem Freund mit Respekt. Achten Sie seine Überzeugung, es ist seine Art und Weise mit der gegenwärtigen Situation umzugehen. In manche Aspekten hat Ihr Freund nicht unrecht, an die letalen Auswirkungen von Straßenverkehr, Grippe und Umweltverschmutzung haben wir uns alle schon gewöhnt. Vergleichsweise größere Aufmerksamkeit erfuhr zuletzt die Klimakrise, zu einschneidenden Änderungen unseres Alltags oder der ökonomischen Verhältnisse hat sie (noch) nicht geführt.

Je nach persönlicher Konstitution wird der Staat (die Behörden, die Institutionen und Regulatoren) schon zu Normalzeiten als lästig, bedrohlich oder gefährlich empfunden, viele fordern Eigenverantwortung statt Bevormundung. Es soll uns also nicht wundern, dass in Zeiten der Krise auch die Polaritäten und Gegensätze größer werden. Manche von uns stecken den Sheriffstern an, andere flüchten sich in Apathie, Nonchalance und Sarkasmus, wiederum andere sehen Diktatur und Unfreiheit im Sauseschritt herannahen. Bis auf Nostradamus (wo steckt der dieser Tage eigentlich?) gibt es kaum eine Lehrmeinung zu Covid19, wissenschaftlich oder unwissenschaftlich, die noch ohne Anhänger geblieben ist. Sogar das Klopapierhorten wurde schon hinreichend mit Theorie unterfüttert.

Woran also sollen wir uns halten? An die Empfehlungen der Experten, so sie auch als solche gelten können und an den Verstand (weniger an den Hausverstand). Die gute alte Handschlagqualität und das Husten auf die Verhältnisse dürfen wir momentan aussetzen. Begreifen sollen wir momentan vor allem unser Gesicht nicht.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

Der österreichische Vorrat

Wer schon mal länger im Ausland lebte, oder Kontakt mit Heimatfernen pflegt, kennt das schmerzliche Verlangen nach der österreichischen Norm-Spezialität: Semmerl, Kipferl, Salzstangerl. In der Rangliste der mitzubringenden Grundnahrungsmittel rangiert die Mannerschnitte unbestritten auf Platz eins, dicht gefolgt von Kremser Senf, Almdudler und bei Kärntnern: Hartwürsteln.

Peter Rosegger bat einst, man schicke ihm Erde aus Steiermark. Moderne Auslandssteirer hungern nach Kernöl, Hadensterz und Käferbohnen. Vorarlberger Expats rufen nach Berg-, Räß- und Surakäs, Tirolern muss man Speck und Graukas in die Ferne bringen und dazu ein Heiligenbildchen mit dem Anderl vom Rinn. Oberösterreicher gieren nach dem Schlierbacher Schlosskäse, und wenn man das olfaktorisch nicht zusammenbringt, muss mindestens ein Zaunerstollen aus Ischl das Heimweh lindern. Hier betreten wir das Feld des Vergänglichen. Die Autorin hat einmal eine riesige Annatorte vom Hofkonditor Demel bis ins ferne South Dakota transportiert. Als lätscherter Kuchen angekommen, war ihr Zauber dahin. Aus ähnlichen Grund muss die Sehnsucht nach Schwedenbomben und Salzburger Nockerl ungestillt bleiben. Auch die Haße kann auf anderen Kontinenten nicht mehr überzeugen: Zu kalt.

In Regionen der Sehnsucht wird uns die Corona-Zeit katapultieren. Es wird lange Zeit kein nachmitternächtliches Fluchtachterl geben, keine Bosna nach Feierabend, den Jagatee werden wir am Morgen einnehmen und Schiwasser abseits aller Pisten. Die Erinnerung an Abendgaudi am Hüttenherd werden ein Paradies sein, aus dem uns Corona nicht vertreiben wird.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 21. März 2020.

Corona-Etikette für U-Bahn, Bim und Bus

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 12/2020 zum 18. März 2020.

Liebe Frau Andrea,
jetzt ist es mir schon einige male passiert, dass mich jemand in der U-Bahn angehustet hat. Ich wollte was Rüdes sagen, aber mangels Übung fiel mir nichts ein. Was sagt man da eigentlich, in Zeiten von Corona?
Danke für Ihre Tipps,
Peter Parzer, Alsergrund, per Email

Lieber Peter,

das Wienerische kann aus einem reichen Insultprogramm schöpfen, um im öffentlichen Begegnungsfall befreiende Akzente zu setzen. Das Corona-Virus ist neu im sprachlichen Miteinander der Bundeshauptstadt. Dennoch sollte es möglich sein, Ansteckbereite mit saftiger Schelte einzudecken. Schönbrunnerdeutsch eignet sich weniger gut, nasale Sprühnebel und virale Attacken aus dem Rachenbereich zu kommentieren: „Guter Mann, darf ich Ihnen mit einem Feh aus der Malaise helfen?“ Auch der Hietzinger Humanist hat nur Unzureichendes im Köcher: „Gnädigste sollten Home-Office überlegen, das ist heutzutage keine Schande mehr!“

Bessere Erfolge auf dem Felde der rhetorischen Corona-Abwehr werden wir mit dem Zungenschlag des Kleinen Mannes und der Kleinen Frau erzielen. Im Rahmen des „grantigen Schmähs“ modulieren sie Alterprobtes und würzen es mit frischen Formeln. Hier ein paar Vorschläge für Akutdialoge: „Waunsd ma no amoi ins Gnack huast, drah i di duach a Hoiteschlaufn!“ (Wenn du mir noch einmal ins Genick hustest, dreh ich dich durch eine Halteschlaufe!) „Schneids di in dein Eame, Gsöchta, und ghoit da dein Karauna-Bads!“ (Schneuz dich in deinen Ärmel, Geräucherter, und behalte deinen Corona-Schleim!) Auch medizinische Ratschläge helfen in dringlicher Not: „Hau di in die Intesiwe bei di Bamheatssign und loss da dein Fridhofsjodla niedajaukn!“ (Begib dich in die Intensiv-Abteilung bei den Barmherzigen Brüdern und lass dir dein Bronchienklingeln niederspritzen!“ Auf der Palette des Sarkastischen finden wir feinere Töne: „Woama beim Katzelmocha-Wiatn, Schbagetti Coronese wickln?“ (Waren wir im italienischen Restaurant, Spaghetti Coronese essen?)

Oft aber hilft einfaches Nachfragen, um die Gefahrenlage abzuschätzen. „Corona?“ kann man Hustende fragen, „Meuberl“ (Marlboro) wird ihnen der echte Wiener antworten.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

Wie man Quarantäne richtig ausspricht

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 10/2020 zum 4. März 2020.

Liebe Frau Andrea,
neulich entbrannte im Freundeskreis, unter ihnen auch einige erfahrene Pädagogen, die Diskussion darüber, wie man nun das aktuell sehr strapazierte Wort Quarantäne richtig ausspricht, mit „K“ wie Kaiser oder doch mit „Kw“ wie Quelle, wie ich selber es auch im Schulunterricht vermittelt bekommen hatte. In den Nachrichten sind beide Varianten zu hören, wobei die K-Version auf dem Vormarsch zu sein scheint.
Was ist nun richtig(er)?
Richard Buchacher, Leopoldstadt, per Email

Lieber Richard,

unser Wort Quarantäne bezeichnet die zwangsweise Isolierung von Menschen (oder Tieren) in der Absicht, damit die Ausbreitung einer ansteckenden Krankheit zu verhindern. Der Begriff leitet sich von den vierzig Tagen (quaranta giorni) ab, die Schiffsbesatzungen und Seereisende in Separation verbringen mussten, bevor ihnen die Hafeneinfahrt nach Venedig gestattet wurde. Die namensgebende Absonderung von vierzig Tagen wurde erstmals 1347 als vorbeugende Maßnahme gegen die Pest verhängt. Andere Hafenstädte folgten dem Beispiel. Aus dem Venedig des späten Mittelalters stammt ein weiterer Begriff aus der Kulturgeschichte der Seuchen-Bekämpfung, jener des Lazaretts. Das erste so benannte Pestkrankenhaus lag auf der venezianischen Laguneninsel Santa Maria di Nazaretto. Die Verwechslung mit dem Aussätzigenhospiz auf der Insel San Lazzaro führte zum Begriff Lazarett für Seuchenspital und später zum dem für Militärkrankenhaus.

Die Italiener sprechen die Quarantäne (ihre quarantena) wie „Cuarantena“ aus. Wir kennen diese Aussprache des Digraphen „Qu“ von Wörtern lateinischer Herkunft, wie Quader, Quadrat, Qualität, Quantität, Quart, Quartier, Quint oder Quote. Dass wir ausgerechnet die Quarantäne unitalienisch aussprechen, hat einen einfachen Grund: Wir haben die Quarantäne von den Franzosen entlehnt, aus quarantaine, einer Ableitung von quarante, vierzig. Den einzigen Vorwurf, den wir uns machen dürfen, ist die Aussprache des im Französischen verschluckten finalen „e“. Am anlautenden „K“ hingegen gibt es nichts zu bekritteln. Der bestmögliche Versuch Quarantäne richtig auszusprechen wäre „Karauntähn“. Kwasi.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

Wie gefährlich ist Corona?

„Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben“, lautet ein Befund aus dem Allmanach der gelernten Österreicher. Er wird ausgerechnet von jenen großzügig weitergegeben, die vor allem und jedem Angst haben, vorausgesetzt es ist unsichtbar. Dieses Defizit versucht der Boulevard auszugleichen, indem er aus Unsichtbarem Sichtbares macht und aus Hörensagen Schlagzeilen. Von nichts komme nichts, entgegnet der gelernte Österreicher.

Die Gesundheitsmasken seien ausverkauft, heißt es, und überdies böten sie keinen Schutz. Egal, bestellen wir sie halt im Internet, denn die Nichtkaufempfehlung könnte eine große Täuschung sein! Hat es nicht geheißen, dass ebendiese, vorgeblich nutzlosen Masken ausgerechnet dem medizinischen Personal abgingen? Besser einen Karton davon zu Hause zu haben, für den Notfall. Man weiß ja nie. Beziehungsweise: Man weiß, das man ja nie wissen kann.

Aber was kann man überhaupt wissen, wenn sogar die Fachleute bekennen, sie lernten erst aus dem Geschehendem, für gesicherte Erkenntnis sei es noch zu früh. Mal wird kolportiert, es werde alles ganz schlimm, dann wieder, man habe alles im Griff, wir seien ja in Österreich.

Was aber macht die Angst mit uns? Wenig. Husten und Schnupfen machen uns nicht bang, zuhause haben wir ja Masken liegen. Was wir tatsächlich befürchten sind leere Regale. Engpässe am Nudelsektor, Verknappungen des Haltbar-Milch-Sortiments, Defizite im Dosengemüseangebot, Mangel in der Mineralwasserzone. Der Besuch beim Nahversorger unseres Vertrauens beweist: Die Angst der Hamsterkäufer vor den Hamsterkäufen der anderen ist berechtigt.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 7. März 2020.