Corona-Etikette für U-Bahn, Bim und Bus

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 12/2020 zum 18. März 2020.

Liebe Frau Andrea,
jetzt ist es mir schon einige male passiert, dass mich jemand in der U-Bahn angehustet hat. Ich wollte was Rüdes sagen, aber mangels Übung fiel mir nichts ein. Was sagt man da eigentlich, in Zeiten von Corona?
Danke für Ihre Tipps,
Peter Parzer, Alsergrund, per Email

Lieber Peter,

das Wienerische kann aus einem reichen Insultprogramm schöpfen, um im öffentlichen Begegnungsfall befreiende Akzente zu setzen. Das Corona-Virus ist neu im sprachlichen Miteinander der Bundeshauptstadt. Dennoch sollte es möglich sein, Ansteckbereite mit saftiger Schelte einzudecken. Schönbrunnerdeutsch eignet sich weniger gut, nasale Sprühnebel und virale Attacken aus dem Rachenbereich zu kommentieren: „Guter Mann, darf ich Ihnen mit einem Feh aus der Malaise helfen?“ Auch der Hietzinger Humanist hat nur Unzureichendes im Köcher: „Gnädigste sollten Home-Office überlegen, das ist heutzutage keine Schande mehr!“

Bessere Erfolge auf dem Felde der rhetorischen Corona-Abwehr werden wir mit dem Zungenschlag des Kleinen Mannes und der Kleinen Frau erzielen. Im Rahmen des „grantigen Schmähs“ modulieren sie Alterprobtes und würzen es mit frischen Formeln. Hier ein paar Vorschläge für Akutdialoge: „Waunsd ma no amoi ins Gnack huast, drah i di duach a Hoiteschlaufn!“ (Wenn du mir noch einmal ins Genick hustest, dreh ich dich durch eine Halteschlaufe!) „Schneids di in dein Eame, Gsöchta, und ghoit da dein Karauna-Bads!“ (Schneuz dich in deinen Ärmel, Geräucherter, und behalte deinen Corona-Schleim!) Auch medizinische Ratschläge helfen in dringlicher Not: „Hau di in die Intesiwe bei di Bamheatssign und loss da dein Fridhofsjodla niedajaukn!“ (Begib dich in die Intensiv-Abteilung bei den Barmherzigen Brüdern und lass dir dein Bronchienklingeln niederspritzen!“ Auf der Palette des Sarkastischen finden wir feinere Töne: „Woama beim Katzelmocha-Wiatn, Schbagetti Coronese wickln?“ (Waren wir im italienischen Restaurant, Spaghetti Coronese essen?)

Oft aber hilft einfaches Nachfragen, um die Gefahrenlage abzuschätzen. „Corona?“ kann man Hustende fragen, „Meuberl“ (Marlboro) wird ihnen der echte Wiener antworten.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert