Millionenshow

Es gibt die Millionenshow – für Normalos, und die Promi-Millionenshow – für Promis. Das ist zuwenig. Was ist mit Millionären und Milliardären? Die haben keine Show? Ich schlage also die Millionärs-Millionenshow, und die Milliardärs-Milliarden-Show vor. Eventuell sogar die Milliardärs-Billionenshow. Halt mit einfacheren Fragen und mehr Hilfe vom Moderator. Als Telefonjoker Minister, Landeshauptleute und Bundeskanzler. Wie im echten Leben auch.

Fůra slámy

Die tschechische Polka „Fůra slámy“ (Eine Fuhre Stroh) von Karel Vacek heißt auf Deutsch, ganz gegen jede Vernunft „Knödelpolka“. Und auf Deutsch wird zu dieser Polka folgender Volltrotteltext (auch eben heute in der ORF-Volksmusik-Fernsehsendung „Mei liabste Weis“ gesungen):

Kannst du Knödel kochen,
frag ich mich seit Wochen.
So wie einst die Mutter,
hat gekocht mit Butter.

Schön locker zart und fein,
und bitte nicht zu klein.
Jajaja dann sollst du fürs Leben,
meine Knödelköchin sein.

Dabei geht’s im Original gar nicht um Knödel, sondern um Liebesschmerz (Übersetzung weiter unten):

Fůra slámy

V lásce velkou smůlu mám
zase budu chvíli sám,
hezká jsi jak růže,
nic to nepomůže,
já nepřijdu k vám.

Ať se děje, co se děje
máme málo naděje,
už to dobře víme,
že se rozloučíme,
jak si osud přeje.

Cesty se k nám rozdvojí,
doba všechno zahojí,
nezbyde ti ani
čas na vzpomínání
žes byla mojí.

Až pojedeš do města
jako hezká nevěsta,
potkáš na náměstí
fůru plnou štěstí,
vždyť jsi jednou ze sta.

R: Fůra, fůra slámy
konec mezi námi,
smůlu v lásce máme,
štěstí nepotkáme.

Nás čeká loučení,
žádná pomoc není,
každá panna stejná,
z chalupy jak ze mlejna.

Okay, das ist Tschechisch.
Hier die etwas holprige Übersetzung:

Eine Fuhre Stroh (Fůra slámy)

Ich habe ein großes Glück in der Liebe
Ich werde für eine Weile allein sein,
du bist hübsch wie eine Rose,
nichts wird helfen,
Ich werde nicht zu dir kommen.

Was auch immer passiert, was passiert
wir haben wenig Hoffnung,
wir wissen schon,
dass wir uns verabschieden,
wie es das Schicksal wünscht.

Die Wege teilen uns,
Zeit der Heilung,
Du auch nicht
Zeit sich zu erinnern
Du warst mein.

Wenn du in die Stadt gehst
wie eine hübsche Braut,
du triffst dich auf dem Platz
voller Glück,
Du bist eine der Hundert.

R: Eine Fuhre Stroh
das Ende zwischen uns,
wir haben Pech in der Liebe,
wir werden nicht glücklich sein.

Erwartet uns,
es gibt keine Hilfe,
jede Jungfrau ist gleich,
vor der Hütte wo man drischt

Von Knödeln keine Rede.

Denn „Kannst du Knödel kochen“ ist jene Version, die Ernst Mosch von den „Original Egerländer Musikanten“ aus dem tschechischen Original gebastelt hat. Konnte er den traurigen tschechischen Text seinem sudetendeutschen Publikum nicht antun?

Viktor, ich und die Profis

Falter 1,2/2001 vom 10.01.2001.

Ich besitze ein Originalkleid einer Beduinenfrau vom Sinai, das ich mir einmal im berühmten Basar Chan El Chalili in Kairo gekauft habe. Zu dem Kleid gehört ein blauer Gesichtsvorhang, mit schicken Münzketten und ein schwarzer, bestickter Schleier. In diesem Fetzen erschien ich vor einigen Jahren auf dem „Life Ball“ im Rathaus. Ich hatte diese Kostümierung als Statement gegen die Unterdrückung der islamischen Frau geplant und war sicher, das ich die einzige in solch einem Kleid sein würde, und mein Statement dadurch ein gewisses Gewicht erhalten würde. Überall Männer in Gummiwäsche, aber keine einzige Frau im Antiunterdrückungskleid! Weil ich nicht wirklich wusste, wie man am Sinai die Handtäschchenfrage angeht, wählte ich einen alten vergammelten, und absolut eingetrockneten Farbkübel und verstaute darin mein wenig Geld, eine Kamera und Schönheitsallerlei. In einem Seitentrakt begegnete ich dann ihm, dem damaligen Bundeskanzler der Republik Österreich: Viktor Klima. Ich fummelte meine kleine Olympus aus dem Farbtiegel, um uns schnapp zu schiessen. Viktor, damals noch nicht Autohändler, aber gab meine Kamera zwei herumstehenden Japanern mit den Worten: Des Foto von uns zwei lass ma uns doch lieba von die Profi machen!

Es ist nun einmal

Falter 3/2001 vom 17.01.2001.

Die Welt ist endlich dekompliziert worden. Wenn es stimmt, was unlängst bekannt wurde, dann fehlen mir die Worte. Ein Linguistenteam will den wahren Namen Gottes herausgefunden haben. Die Wissenschafter, so heisst es, mussten dazu nicht in Klöstern und Archiven forschen, nicht in Inkunabeln oder Inschriften, sie suchten ganz einfach in unserer Alltagssprache. Wenn es Gott gäbe, so ihr Verdacht, dann müsse sein Name noch in Gebrauch sein. Ein einfacher, ja universeller Name müsse es sein, ein Wort, so kurz und gut, wie es nur Gott zustände. Und die Sprachforscher wurden fündig: Der wahre Name Gottes ist das kleine, aber unbescheidene Wörtchen Es. Es ist der wahre Name Gottes! Es schneit, nämlich ganz einfach, wenn es kalt ist. Im Sommer regnet es, wenn es sich am Himmel zusammenbraut und es schüttet dann so lange, bis es wieder aufklart. Es ist doch ganz einfach! Es steckt in allem und jedem. Es geht ums Ganze, um die Wurst oder nur so la la, es geht, weiss wer warum. Wer hätte gedacht, das es so allgegewärtig ist. Eines nur, gaben die Wissenschafter zu bedenken, könne mit ihrem Modell nicht erklärt werden. Ein simpler Hinweis der Wiener Verkehrsbetriebe nämlich: Es wird ersucht, rückwärts auszusteigen!

Eine Bank für Hermes!

Falter 51/99 vom 22.12.1999.

Politiker mögen zu Hermes stehen wie sie wollen, aber der Mann hat ein Anrecht auf gutes Sitzen. Jede kleine Volksbank in jedem noch so kleinen Kuhnest leistet sich den Luxus, an Luft- und Aussichtskurorten holzbeplankte Bankerl aufzustellen, und bei uns soll sowas nicht gehen? Bei uns soll möglich sein, das 20te Fin de Siècle als Klimtleer und Freudlos zu bejammern, wie sich das der Krone-Kolumnist Georg Markus in einem profil-Essay jüngst gestattete, nicht hingegen, dem Titanen der Befindlichkeit, dem großen Hermes Phettberg, zu Analyse- und Verweilezwecken ein einziges, ein kleines Grabenbankerl aufzustellen? Was für eine Weltstadt ist das, in der den Besten nicht einmal mehr das gute Sitzen erlaubt ist? Ich fordere sie hiermit auf, Herr Bürgermeister Häupl, eine Sitzbank für Herrn Hermes Phettberg aufstellen zu lassen! Von stabiler Konstruktion möge sie sein, wetterfest und mit Planken aus strammen Stämmen belegt. Eine Plakette mögen sie darauf anbringen lassen mit dem Spruch: „Hier sitzt stets Hermes Phettberg.“ Wenn Hermes schon Pech mit den Banken hat, so sei ihm doch zumindest auf den Bänken ein wenig Glück bereitet! Die Fernsehanstalten dieses Landes fordere ich auf: Weg mit den kranken Brüdern! Eine Show für Hermes! Der ist krank genug!

Movimento Paul Auster 

Falter 50/99 vom 15.12.1999.

Zum Beispiel ist es sehr schwer, Paul Auster zu treffen“, schrieb die Musikjournalistin Doris Knecht einmal in der Einleitung zu einem Interview, in dem es im wesentlichen darum ging, wie einfach es im Grunde ist, Paul Auster zu treffen. Zum Beispiel ist es ungleich schwerer, andere Artikel zu finden, die mit „Zum Beispiel ist es sehr schwer, Paul Auster zu treffen“ beginnen. Diesem Übelstand soll nun abgeholfen werden! Diese Kolumne steht ganz im Dienste des „Movimento Paul Auster“, derAufgabe nämlich, dieser formidablen Intervieweinleitung jene Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die sie verdient. Kollegen im In- und Ausland solidarisieren sich mit der Bewegung „Beginne Dein Werk mit dem Zum-Beispiel-ist-es-sehr-schwer,-Paul-Auster-zu-treffen-Satz“. Zusagen von Susan Sontag, Art Buchwald, Amila Bettencourt, Max Goldt und Jan Morris, sich dem Movimento anzuschließen, liegen vor. Umberto Eco, Schriftsteller, Weltendeuter und der letzte Univeralgelehrte von altem Schrot und Korn feilt an einer L’Espresso-Kolumne, die sich ganz dem Thema widmen wird. Auch Paul Auster selbst hat eingeschwenkt und möchte seine Manhattan-Trilogie „Bagel, Burger, Babes“ unbedingt mit dem legendären Zitat beginnen.

Banana y Enzian 

Falter 49/99 vom 08.12.1999.

Ich bin eine große Freundin lebender Pflanzen. Nicht enden wollendes Glück durchströmt mich, wenn mein kleines Küchengärtlein mich schon beim Aufschließen der Eingangstüre mit einem würzigen „¡hola, comandantina, qué pasa!“ entgegenduftet. Salbian und Thymel, Oregany und Basilica: Wie auch immer sie sich nennen mögen, ich schätze meine Freunde aus dem Reich der herben Äther, Wenngleich ich Bananen nicht so gerne hab, wie das von Josephine Baker kolportiert wird, so liebe ich doch die Bananenstaude in einem Ausmaß, das dem Lateinamerikatouristen Friedrich Humboldt gewiß imponiert hätte. Bananenstauden haben nämlich was ungeheuer kraftvolles, sie haben mehr Saft in den Stengeln als Hermann Maier Schmalz in den Schenkeln. Ungleich zarter und blauer hingegen sind die Produkte, die meine zweite Lieblingspflanze, der almbodenständige Enzian hervorbringt. Aber oho! Tropen und Alpen sind doch ein ungleiches paar Bewässerungsschuhe! Wann immer es meinem Enzianbuschen „Mausi“ prächtig geht, läßt Bananenbaum „Herbert“ braune Flecken am Blätterkragen sehen. Und wenn Enzian „Mausi“ die ultramarinen Becher verkneift, schießt neuer Saft in „Herberts“ Stiele. Es ist eine komlizierte Welt!

Sörpita

Falter 48/99 vom 01.12.1999.

Der Mann hat meine vollste Unterstützung. Erstens pocht in ihm ein ebenso grosses wie heimatloses russiches Herz, dann ist der Großmeister der Avunkulistik polydilettantisch genial und liebedient zudem dem Zelluloidepos. Peter Ustinov gehört mit dem Hannibal der Violinistik Yehudl Menuhin zu den wenigen, von QE2 aristokratisierten Briten, die ihr „Sir“ nicht mit zweifelhafter Operettenmusik oder geriatrischer Wirtschaftspolitik verdient haben. In nichts hingegen gleicht mir Sir Peter Ustinov. Ich bin wesentlich jünger und hübscher, bekomme mehr Geld für meine Kolumnen und habe noch nie ein Autogramm gegeben, geschweige denn eine Gala geworfen – aber eines eint uns so Diverse: Wir können Bücher nicht zu Ende lesen. Und wir geben das auch noch zu. „Ach, Sir Peter, wenn sie wüßten, wie sehr sie mir helfen, in dieser Welt der…„ schrieb ich unlängst in mein turquoises Tagebuch, „ dieser Welt der Bücherzuendeleser!“. Ein kleines Tröpfchen Meer tränte aus meinen Augenwinkeln und löschte die Buchstabenkombination zuendel im Wort Bücherzuendeleser. (Sir Peter gilt als grosser Feind der Zündler! Nero spielte er nur, um vor Brandstiftern zu warnen!) Sir Peter und die Comandantina werden demnächst Listen ihrer angelesenen Bücher austauschen.