Foto Horowitz

In meinem Roadmovie „Blue Moon“ sucht der Held Johnny Pichler (Josef Hader) fieberhaft nach der Heldin (Viktoria Malektorovych), in die er sich unsterblich verliebt hat. Er kennt ihren Namen nicht, weiß nicht, woher sie überhaupt ist. Alles was er hat, um sie zu finden, ist der Stempel auf der Rückseite eines Streifens mit Passbildern von ihr. „Foto Horowitz, Lviv“ steht da. Nur deswegen ist Johnny Pichler überhaupt in die Ukraine gekommen. Wegen „Foto Horowitz, Lviv“.

„Foto Horowitz“ war meine Hommage an den großen Fotografen Michael Horowitz.

Eingestürzt

Ich habe mal, um einer schweren Depression zu entkommen, einen Turm gebaut, einen therapeutischen Turm aus Legosteinen. Indem er wuchs, der Turm, richtete er mich auf, meine Depression wurde kleiner. Da stand er nun, sehr schön und hoch, er hatte mich aufgerichtet. Ein halbes Jahr lang hatte ich daran gebaut. Er hatte mich glücklich gemacht. Er war ein Werk. Und dann trat ich, nicht dass ich es vorgehabt hätte, auf eine Diele, die einzige im Raum, die wackelig war. Und dann passierte es. Der Turm schwankte und zitterte, neigte sich, und wie um mir zu zeigen, wie zerbrechlich das Unternehmen insgesamt war, stürzte er um. Ganz langsam, unabwendbar. Zerprang, als er am Boden ankam, in tausende seiner einzelnen kleinen, Glück und Trost erzeugt habenden Teile. Ein halbes Jahr Arbeit war dahin, ins Unsichtbare gefallen. Jeder Stein, der mich aufgerichtet hatte, lag am Boden. Ich habe den Turm wieder aufgebaut, abermals in einem halben Jahr an Arbeit. Und jetzt ist etwas, das mich ebenfalls aufrichten sollte und aufgerichtet hat, was mir Hoffnung und Zuversicht gegeben hatte, nach sieben Jahren langer Arbeit in sich zusammengefallen. Ein Filmprojekt voll Feuer und Leidenschaft, schön und dicht, tief und weit. Man möge mir verzeihen, wenn ich mit sehr leiser Stimme durchgebe, dass das heute kein guter Tag ist für mich.

Blue Moon – 23. Juli 2021, 21 Uhr – Sommerkino im Belvedere 21

Betrachtungsempfehlung!

Freitag den 23. Juli 2021 um 21 Uhr spielt das Sommerkino im Belvedere 21
meinen sehr leiwanden Film Blue Moon (mit Josef Hader, Detlev Buck und Viktoria Malektorovych). Kommet in Scharen! https://www.belvedere.at/event/sommerkino-blue-moon

Blue Moon (Andrea Maria Dusl): Josef Hader und Detlev Buck als Johnny Pichler und Ignaz Springer.

Restaurant Seidl

Heute Nacht geträumt, ich wäre mit Freundinnen und Freunden, allesamt Burgtheaterschauspielerinnen mit Auftrittsverbot in einer Stadt am Meer gewesen, die aber aussah, wie eine Mischung aus Rimini, Berlin Mitte, Naschmarkt und Karmeliterviertel. Wir lungerten im Schanigarten einer Coronabar unter großen Sonnensegeln und frühstückten gelangweilt, ohne Perspektive. Das Lokal wurde von Kollegen Ulrich Seidl geführt, der im Traum rote Haare und Sommersprossen hatte, und etwas dick war, jedenfalls aber eine Kochschürze mit dem eingestickten Logo „Seidl Restaurant“ trug. Er kam raus, um die Speisekarten zu verteilen. Dabei nahm er mich zur Seite und gab mir eine Speisekarte zu lesen, in die er mit Bleistift Sachen gekritzelt hatte, die nur für mich gedacht waren. Eine Art Motivationsschreiben. Mit mahnendem Blick forderte er mich auf, filmisch weiterzumachen, ein bisschen gehetzt und müde war er dabei. In die Speisekarte eingelegt war zudem der Zeitungsausschnitt eines Boulevardblatts, in dem ich zusammen mit noch wem (keine Ahnung wer), und mit Kollegen Nikolaus Geyrhalter namentlich erwähnt wurde. Inhalt der Meldung war, dass die Filmbranche am Boden liege, und nicht mal wir drei was von uns gäben.

Dietmar Steiner, Laudatio

Dietmar Steiner, von 1993 bis 2016 Direktor des Architekturzentrums Wien, österreichischer Architekturpublizist, Architekturhistoriker und Architekturkritiker ist am 15. Mai 2020 verstorben.

Anlässlich der Verleihung des Goldenen Verdienstzeichens des Landes Wien am 6. Dezember 2017 hielt ich im Wiener Rathaus eine Laudatio auf Dietmar Steiner. „Zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik und Kultur waren gekommen, um bei der Feierstunde dabei zu sein“,  berichtete die Rathuaskorrepondenz, „allen voran Bürgermeister Michael Häupl, Vzbgm. Maria Vassilakou, StR Michael Ludwig, EU-Abg. A. D. Hannes Swoboda, Christian Oxonitsch, Heide Schmidt, Rektor Gerald Bast, Angelika Fitz, Direktorin Az W, Fritz Achleitner, Walter Gröbchen uvm.“


Laudatio auf Dietmar Steiner

Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien
Andrea Maria Dusl, 6. 12. 2017

Magnifizenzen und Exzellenzen,
Brüder und Schwestern,
Damen und Herren,
Freundinnen und Freunde!
Lieber Dietmar!

Welches wäre der ideale Ort, jemanden kennenzulernen, der alles über das Ideal weiß, und alles über Orte? Wo und wie würde man sprechen über das Unaussprechliche, über sich selbst? Diese Fragen spiegelten sich in uns, als wir einander trafen, um über Dietmar Steiner zu sprechen. Dietmar Steiner und ich.

Im Versuch den idealen Ort zu bestimmen, trafen wir einander also in einem Hotel. Kein Ort wäre und war idealer als der unideale Unort. Das Hotel. Dietmar Steiner kam aus seiner Wohnung angereist, ich aus meiner. Nicht das Kaffeehaus war unser Treffpunkt, obwohl es Wien war, wo wir uns trafen, nicht sein Büro, nicht mein Atelier. Ein Hotel. Am Fluss. Das Intercont. Das mit dem Luster. Das mit der Legendenbar. Die Absteige für Präsidenten. Der Riegel in der weltkulturerblichen Blickachse.

Im Niemandsland der Hotellobby des Intercont trafen einander Steiner und ich, weil es ein Niemandsland braucht, um alles zu besprechen.

Die Aufgabe war nicht leicht. Die Aufgabe war schwer. Ja unlösbar. Und weil sie schwer war und unlösbar, geriet sie leicht und wurde lösbar. Die Aufgabe war ein Film über Dietmar Steiner. Wir haben einen Film gemacht, Dietmar Steiner und ich, einen Film über Dietmar Steiner. Wer je einen Film gemacht hat, kennt das Dilemma: Man kann nur Filme über sich selbst machen. Also musste ich zu Dietmar Steiner werden. Das sollte gelingen. Aber konnte es gelingen?

„Dietmar Steiner, Laudatio“ weiterlesen

Der ganze Film

Ich kann den ganzen Film sehen. Den ganzen. Und darüber hinaus. Wie einen Traum. Und ich kann in dem Traum herumgehen. Das Filmschreiben und das Inszenieren ist nur das Nacherzählen von Erlebnissen, die ich in diesem Traum gehabt habe. So geht Film. Supper’s ready.

AMD, FB, 5. Januar 2018 18:55

Seestadt. Kleiner Teaser aus Minute 61.

71 EXT. SEESTADTSEE – NIGHT

Nacht, unten beim Seestadtsee. Die beleuchteten Wohntürme an der Uferpromenade werfen hunderte gelbe Sterne in den See. Über den Teich spannt sich ein kostbarer Himmel aus dunkelblauer Weite. Von irgendwo trägt es ganz leise Musikantenstadlmusik her. Ganz leise. Weit weg.

Das Eisenmädchen steht am Schotterufer und zieht sich aus. Ihre zierliche Figur ist ein kleiner weisser Strich in der Nacht. Lange steht das Eisenmädchen nackt am Ufer. Dann springt sie. Anmutig wie eine Wasserelfe taucht sie in den schwarzen See. Verschwindet im Wasser. Kleine schwarze Wellenkreise werden größer und ziehen über den See.

Aber das Eisenmädchen taucht nicht mehr auf.

AMD, FB, 5. Januar 2018 18:07