Österreichische Leit-Gegenstände

Sehen wir uns den Werte an, die es zu katalogisieren gilt. Die Kultur, die zur Debatte steht, in dem sie sich über jede Debatte stellen will. Schnitzel, Gulasch, Blasmusik. Osterhase, Krampus, Schifahren. Großglockner, Griassdi-Schnapserl, Schönbrunn. Die Liste steht für viele ähnlich lautende. Den Villacher Fasching könnte man noch dazunehmen, das Abschießen von Silvesterraketen, die Erinnerung an Cordoba.

Was aber, wenn der nördliche Nachbar daherkommt und das Schnitzel mit Tunke bestellt? Leiten ihn unsere Werte? Was, wenn den Vegetariern unter uns das Gulasch nicht mundet? Was, wenn wir unter Blasmusik eine Big Band verstehen oder eine Mardi-Gras-Kapelle? Was, wenn wir nicht an den Osterhasen glauben? Was, wenn wir mit dem Krampus Schwarze Pädagogik und Kindheits-Traumata verbinden? Was, wenn wir lieber wandern statt schifzufahren und bergzugondeln? Was, wenn wir den Bisamberg lieber haben, als den Glockner? Oder den Mönchsberg. Oder den Ruckerlberg. Oder schlicht den Strand in Caorle. Was, wenn wir Fernet trinken oder Wodka oder lieber gar nichts Alkoholisches? Und Schönbrunn? Kann uns Versailles nicht besser gefallen oder das Castel del Monte? Und was, wenn uns die Cheops-Pyramiden entzücken? Fallen wir dann aus der Leitkultur?

Wären leitkulturell nicht wichtiger die Kenntnis von und das Bekenntnis zu: Frauenrechten, Kinderrechten, Demokratie, Laizismus, Sozialstaat, Antifaschismus, Pluralismus, Wissenschaft, Republik, Gewaltentrennung, Menschenrechten?

Und scheitern an diesem Katalog nicht schon so manche Einheimische?

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten am 27. April 2024.