Fehlleistung

Da habe ich doch gerade, in einer Art Freudscher Fehlleistung, statt von jemandes Trottelhaftigkeit zu sprechen, von dessen entgleister Eigentümerstruktur gesprochen.
Die Sprache der ökonomischen Verhältnisse dringt jetzt auch in die tieferen Schichten unserer Begrifflichkeiten vor. Dem gilt es Einhalt zu gebieten.

Der Sozialdemokrat spricht falsch

Kann mich noch gut erinnern, Anfang der 70er war das, als Bruno Kreisky Momentum gewann und die Hegemonie der ÖVP gefährdete. Was da an Diskreditierung lief. Keinerlei Berufserfahrung habe der seltsame Nuschler, keine ökonomische Kompetenz. Und wie heute, wo es gegen Babler geht, wurde auch versucht, ihn bei der eigenen Klientel, den potentiellen Wählern schlecht zu machen. Seine Frau habe eine Fabrik, hieß es, den Krieg habe er im sicheren Schweden verbracht. Kein Arbeiter sei er, sondern ein Nadelstreif-Sozialist. 100 Maßanzüge im Schrank und die Schuhe vom Aristo-Schuster. Und dann zirkulierte auch ein antisemitischer Witz, der sich über Kreiskys Sprache mokierte: „Warum spricht der Kreisky so langsam“, ging der Witz, „naja, weil er alles erst aus dem Hebräischen übersetzen muss“. Und dann lachten der Herr Hofrat, der Herr Kommerzialrat und der Herr Doktor.

Social Media Awards

Die Welt ist voller Preise, Oscars, Grammys, Romys, Staatspreise, Ehrenkreuze, Krixikraxi-Awards und was weiß ich, was alles. Alle haben schon alles bekommen, nur die Kontent-Schleudern in den Sozialen Medien haben nichts, was sie sich in die Vitrine stellen können.

Was fehlt:

Preis für das heftigste Posting
Preis für die beste Emoji-Kombination
Preis für den besten Aufreger-Druko
Preis für den blödesten Kalenderspruch
Preis für das schönste Katzenbild
Preis für das schönste Urlaubszehenbild
Preis für den schönsten Sonnenuntergang
Preis für das seltsamste Crossposting
Preis für den meistbeleidigten Abgang
Preis für die giftigste Verabschiedung
Preis für die durchgeknallteste Blockier-Ansage
Preis für Posting-Dauerfeuer
Preis für das Social-Media-Lebenswerk
Ehrenpreis der Sprachpolizei
Würdigungspreis der Sonnenbrillenfoto-Akademie

Das Wörterbuch der neuen Wörter

Neue Zeiten bringen neue Wörter. Begriffe werden umgedeutet, andere verschwinden. Die Autorin und Zeichnerin Andrea Maria Dusl hat eine kleine Liste gemacht. Und ein Schaubild.

Dieser Text ist ein Teil einer ressortübergreifenden Serie des STANDARD zum Thema Sprachwandel.

https://www.derstandard.at/story/2000126824641/pandemie-bereichert-sprache-das-woerterbuch-der-neuen-woerter

A
Ampel: Jede blendende Idee ist in Österreich immer auch eine blede Idee.

Angst: Die einen haben Angst vor Corona, die anderen Angst vor Masken. Dazwischen: die Nasenraushänger.

B

Babyelefant: Das Haustier von Rudi Anschober und Karl Nehammer ist längst entschlafen. Das putzige Rüsselkind war immer nur ein Phantasma, sagen die Babyelefantologen der Universität Trippstrill, eine Art Bigfoot. Niemand habe den Babyelefanten jemals angetroffen.

„Das Wörterbuch der neuen Wörter“ weiterlesen

Ungarische Gedichten

Fritz Herzmanovsky-Orlando
Ungarische Gedichten

via Residenz zehnbändige Ausgabe: Erzählungen pag. 193; Rout am Fliegenden Holländer pagg. 89, 300, 301; Hamlet der der Osterhase 252.

Auf der Wiese, grün und klotzig
kleines Baum gewaxen hot sich.
Immer blau ist sein Gesicht
Wie er haißt – das weiß ich nicht.

Übergetitelt: Der Veilchen


Haiffig wird das Ungar Reiber
Alles stiehlt er nur nicht Waiber
Weil dies für Kavalier ist Szind
Und auch bitte! Wegen Kind!


Der Ungar von Kecskemét
ist gerne gegen Damen nett
Sind Damen aber bitte schiech
dann wird der Huszar bitte viech.


Der erwachte Löw blickt wild
und ganz entsetzlich ist sein Bild
Ein Aug ist rot der andere grün
ganz wie bei groszer Dampfer Wien


Zwei Dampfer auf dem Flusse Theiss
die panschten mühsam durch den Scheiss


RaFH

Auf der Puszta steht ein Haus
Jud ist sein Besitzer,
Mädel schaut zum Fenster raus:
Aranka… Aranka… Spitzer…

Übergetitetlt Szónnenaufgang auf der Pustza


Äinsz und Äinsz ist zwäi.
Dieszesz und noch mancherlei
Lehrt dasz Lehrer säinen Kindern
Um den Dummheit zu vermindern.

Übergetitelt: Dasz technischer Hoch-Schule.


Rosí féhrt am Stróssenbohn,
Laczy bietet Plótz ihr on,
Fénstérplótz jetzt hót sie –
Taschel hot dér Laczy.

Übergetitelt: En gutär Mónn von gutär Érziehung.


Wie der Kater hinter Mäusen
in der Nocht auf Dach von Häusen
schleicht sich Miklosch läise hin
zu dem Bett vom Schwägerin

Übergetitelt. Das Bruderliebe


Wie der Kater über Dachen
Schleicht sich Miklos, ize, száchen,
leise, leise, leise hin
Zu das Bett von Schwägerin.

Übergetitelt. Das Bruderliebe


Wie der Kater auf die Dachen
schleicht im Mondenschein, ize – sachen
Leise, leise, Miklosch hin
Zu das Bett von Schwägerin


Verszión AMD:

Wie der Koter hinter Mäusen
leise auf der Doch von Häusen,
schleicht sich Miklosch szochte hin
zu dem Bett dér Schwägerin

Übergetitelt: Das Bruderliebe


Vór där Villa grósz und prótzig,
Baum hot sich gewochsen klotzig,
hímmelblau von Óngesicht,
Sain Nómen ist Vergiszménicht.


Pál und Pista tummeln Rösser,
Sandor-Batschi wirft mit Mésser
Ilonka beliebt zu huren,
und auf Jud schiesst das Panduren.

Übergetitelt: Szóntagnachmittag auf dér Puszta.


Ormes Mädel friert und werkelt.
An der Strossenecke sitzt sie.
Pischta zahlt ihre äinen Pörkelt
Und benützt sie.

Übergetitelt: Das christliche Bármherzigkeit.


Die Ungarische Schöpfungsgeschichte

Peter Hammerschlag (1902-1942)

In Anfang war – das ist bestimmt –
DER WORT. Auf griechisch: Logosch.
In Weltmeer ist herumgeschwimmt
Die Ur-Getier, das Fogosch.

Gewackelt hat das ganze Welt.
Daß Wind sie nicht davonweht,
Hat rechts und links Gott aufgestellt
Zwei dicke, schöne Honvéd.

Was hat dann Gott zuerst getan?
Den Affen, ohne Frage.
Orangutan és Délután [=Nachmittag],
Was habn gemacht die Tage.

Das Adam hat er dann gebaut,
Den alten Hendlfanger,
Was Eva hat gekriegt zu Braut
Auf eine grüne Anger.

Die Luft war kék [=blau], der Gras war zöld [=grün]
Für aller Tiere Magen
Doch dann hat auf dem Angyalföld [=Engelsfeld]
Der Kain den … Izé erschlagen. [=Dingsda]

Da hat das liebe Gott gepfeift,
Hat sich gebäumt der Máros,
Und mit der Sintflut hat ersäuft
Das ganze Lipotváros [=Leopoldstadt].

Wie Erde bissel trocken war,
Hat angefangt zu reiten
Held Attila mit Hunnenschar,
Um Kultur zu verbreiten.

Erst hat gegründet Ungarland,
Dann Rom, Athen és Kréta,
Und alle Menschen, was bekannt,
Sind nachgekommen späta.

In Papyrúsch man liest seit je –
Nur leider ging verloren – ,
Daß Kleopatra Kiralyné
In Kispest war geboren.

Magyarisch war Literatur,
Von angefangen Psalter
Bis Cató, Plautusch, Terencz-ûr
Und Vogelbácsi Walther.

Auch dürfen wir vergessen nie
Das größte Kolorierer:
Berühmter Müvész Ajtossi,
Was Schwaben rufen „Dürer“. [Ajto = Tür, Ajtossi = Türer]

Jedoch der größeste Magyar
War Goethe-János, bitte.
Weil er aus Nagy-Weimárosch war,
Wo herrschte Ungarsitte.

Und hätt sich Welt beleuchtet? Nie!
Elektrisch wär erloschen,
Wenn hätten Vólta, Galványi
Kein Licht gemacht aus Froschen.

Denn jeder große Mann mit „i“
Ist ein Magyar gewesen.
Bei Górki, Gándhi, Márkonyi
Kann man das selber lesen.

Und wenn ein Stadt hat „a“ und „o“,
War Ungar Urbewohner:
Kálkutta, Prága, Kárthagó,
Tókio és Veróna.

Und was wär Wien? Wien wär für Katz!
Szent István hat gegründet
Auf István-tér den Stephansplatz,
Weil Mitleid hat empfindet.

Wann vier Zigeuner – schon gezähmt –
Mit Geige sich versammeln,
Man hat sie gleich nach Wien genehmt
Und hat genannt sie „Schrammeln“.

Womit auf Wiener Kunst ich komm –
Wer war ihr Kindesvater?
Das war der Molnár-Liliom!
Was baute Burgtheater.

Wo leichte Kunst sich bettete,
Macht stets Magyar das Lager,
Und Operette rettete
Der ungarische Schlager.

So werden wir, baratocs kam [=mein Freundchen]
Das Wiener Erbe wahren.
Denn Kálmán, Lehár, Abrahám
Stehn Wacht wie drei Husaren!

Ungarherz muss vieles leiden,
Steht in Hintergrund bescheiden,
Aber zupft sich kleines Lied auf Zither:
EXTRA HUNGARIAM NON ESCHT VITA!


Alla lalla tattaralla! Brüllt das Löw
und streckt den Glieder,
blicket wild und streicht den Schnurrbort
und dann legt das Löw sich wieder nieder.


 

Niémetz Lenau Ferencz Miklos
via Jugend 1902 Seite 597
Lenau Miklos

Ein Vollblutmagyare schickte uns die nachfolgenden
„Schilflieder“ des neuentdeckten magyarischen Dichters
Lenau Miklos, die wir mit Vergnügen zur Kenntnis
unserer Leser bringen.

 

I.

Drüben untergeht bei Schwoben
Sonne! Laider! Dann ist Nocht…
Kann mon helfen nix! Wir hoben
Ober Sonne, wann erwocht!

Sonne kommt von Ungar immer
Erst zu Schwob, das ist ja klar
Und ist auch Verwais doss immer
Ungar etwas heller wor!

Wos main tiefes stilles Leben
Als wie Sonne drum durchbricht,
Ist: Der Schwob kann mir nie geben!
Ungor gibt der Welt das Licht!

Lenau Miklos

 

II.

Trübe wird, die Wolken jogen,
Haite regnet jedenfolls;
No, kann Ungor No? vertrogen,
Gonz besonders – auch im Hols!

Auch das Wäizen und das Hober
Lieben Noß! Und noß gedeihn
Olle Ungarisches – ober:
Gonz besonders! – auch dos Schwain!

Lenau Miklos

 

III.

Auf gehaimem Waldespfode
Schlaich‘ ich gern in Obendschain;
Denn viellaicht, wann hob‘ ich Gnode,
Schieß‘ ich Wildsau, fett und Fain!

Jogdherr sitzt ja während diesem
Drin in Pesth und Budawar!
Hát! Wer Soll denn Schweindl schießen,
Wann nicht broves Wilddieb war‘?

Und ich maine, hör ich brechen
Bissel wos schon duch Gestraich…
Teiofel! Dos sind Schwaine-Zehen!
Eljen Sau! Verschieß‘ ich glaich

Lenau Miklos

 

IV.

Sonne druckt sich rasch!
Schworzes Wolkerl ziegt
Grod als wann Goulasz
Schworz auf Teller liegt.

Zwischen Wolken so
Roth erschaint das Blitz
Als wie Papriko
Zwischen Goulasz-Schnitz.

Und es fohrt Orkan
Durch dos Himmel auch
Grod wie Goulasz dann
Fohrt herum in Bauch

Lenau Miklos

 

V.

In dos Daich, das regungslose,
Schaugt dos ungorische Mond,
Glaichsam steckend saine Nose
In ain Glos – ist so gewohnt!

Wondelt Hirsch vorbei on Higerl,
Schlégt Geweih wie Engel Fligel
Nocht ist etwas dunkel zwor,
Ober Hirsch ist stolz wie Gigerl –
Hirsch ist eben: Mogyor!

Wann ich seh dos, muß ich sogen:
Dos ist scheen! Teremtete!
Dos geht Ainem durch den Mogen
Wie ain haißer Nochtcoffee!

Niémetz Lenau Ferencz Miklos

Salzgriesisch ::: Fahrplanauskunft

Faschistenbraten – faschierter Braten

Salzgegriesnis.jpgHier ist sie! Die Seite aller Seiten, die Seite über Salzgriesisch. Was zum Heter aber ist Salzgriesisch? Für alle Nichteingeweihten und Zuspätgeborenen eine kleine Beleuchtung:

Salzgriesisch, ein Wiener Innenstadt-Soziolekt, wurde nahezu ausschliesslich im Café Salzgries in der Marc Aurel Strasse gesprochen. In dieser Strasse nahe dem alten Stromufer hat nicht nur die Stadtzeitung Falter seine Adressse, auch das Nachrichtenmagazin profil war vor seiner Übernahme durch den Fellner-Konzern dort zu Hause.

Salzgriesisch gilt heute als ausgestorben, wird aber von ehemaligen Gästen und Kellnern geheim am Leben gehalten.

Das Altwiener Lokal Salzgries, einst von Kurt Kalb so erfunden, als hätte es immer schon existiert, geriet durch eine Kette unwürdiger Ereignisse seiner Stammgäste und seines Spiritus Rector, Kellner „Herr Peter“ alias „Per Heter“ verlustig und ist heute ein Bistro mit dem pfiffigen Namen „Le Salzgries“.

Na Gütlichkeit! Es folgt der Fahrplan:

GESÜPPNISSE und BEIGELAGE

Fleischtee oder Knochenbad ……. Rindsuppe
Fleischtee mit Palatschinkenlametta ……. Frittatensuppe
Zusammengepickter ……. Knödel
Chinesenschotter ……. Reis
Heisse Wiese ……. Spinat
Kräuter (das) ……. Gemüse

Embryonales Küken auch: Hühnerembryo ……. Ei
Ärmel mit an Kitt ……. Burenwurst (wegen der Ähnlichkeit mit dem Unterarm) mit Brot (aufgrund der Konsistenz)
Buckel ……. Scherzerl, das runde rückenähnliche Brotende
N****finger ……. Waldviertler Wurst
Kinderschas ……. Senf
Depressiver ……. Kren

SPEISLICHKEITEN

Fleischildefonso ……. Lasagne
Kuchlfetzen in der Pannade oder: Sandale paniert ……. Wiener Schnitzel
Pilzgatsch ……. Schwammerlsauce
Putensandale ……. Putenschnitzel
Grindlappen ……. Panierter Leberkäse
Gummiflugzeug auch: Gummiadler ……. Portion Huhn gebraten
Auftrennter Pullover ……. Spaghetti
Faschistenbraten ……. Faschierter Braten

GETRÄNKNISSE

Giesshübl oder: Geduschter ……. Weisser Spritzer = Gespritzter (Weißwein mit Mineralwasser, i.e. saure Weinschorle)
Hopfenkaltschale ……. Glas Bier
Kinderfernet ……. Coca Cola
Obette ……. Obi gespritzt (Apfelschorle)
Hochobette ……. grosses Obi gespritzt (Halber Liter)
Öbinger ……. Purer Apfelsaft (von „Obi“, einer Apfelsaftmarke)
Glocke ……. Achterl Wein (wegen der Form des Glases)
Rote Glocke ……. Achterl Rotwein
Gletscher ……. Eiswürfel
Schneekoppe ……. Melange
Babykoppe ……. Melange in Kleiner-Braunen-Tasse
Hitler ……. Grosser Brauner
Mussolini ……. Kleiner Brauner
Faschist ……. Milchkaffee
Heubad ……. Tee

SCHIEDLICHE VERKEITUNGEN

Gewürzschaukel auch: Mineraliensammlung ……. Salz-und-Pfeffer-Halter
Maggischiff ……. Gewürzschaukel mit Maggifläschchen
Fahrplan ……. Speisekarte
Gas und Strom auch: Ablesung ……. Die Rechnung, bitte!
Maut oder: Zimt ……. Trinkgeld
Mautschwein ……. Geldtasche des Kellners
Eisenschein ……. Münze
Unnedicha ……. Unnötige Münze (zB. Ein-Schilling-Stück)
Beilagscheibe ……. Kleine Münze (zB. Zehn-Groschen-Stück)
Reiter ……. Fünf-Schilling-Stück
G’spann ……. zwei Fünf-Schilling-Stücke oder ein Zehn-Schilling-Stück
Viererkutsche ……. vier Fünfer
Hitlerzettel ……. Zwanzig-Schilling-Schein (wegen der braunen Farbe)
Kleine Tapete ……. Fünfzig-Schilling-Schein
Froschhaut ……. Hundert-Schilling-Schein
Manschette ……. Tischtuch
Werkzeug ……. Besteck
Spachtel ……. Messer
Höcker ……. Camel Zigaretten
Meuberl ……. Marlboro Zigaretten
Steuwerl ……. Stuyvestant Zigaretten
Goloetten ……. Gauloise Zigaretten
Johnnetten ……. Johnny Zigaretten
Goldring ……. Kent Zigaretten
Stadtpark ……. Schanigarten vor dem Café Salzgries
Ernst-Göschl-Platz ……. Kreisverkehrsinsel beim Zusammenlauf von Vorlauf- und Marc-Aurel-Strasse

SPRÜCHLICHKEITEN

Einen schlanken Fuß machen ……. etwas ist elegant, paßt gut; z.B.: Das Gummiflugzeug macht einen schlanken Fuß in Kräuter: Die Gemüsebeilage paßt gut zum Hendl.
Einen Schuh machen ……. weggehen, das Lokal verlassen
U-Bahn-Sandale machen ……. mit der U-Bahn fahren
Letzte Ölung ……. Ein Gläschen Fernet Branca; kurz vor Verlassen des Lokals eingenommen

GELEUTNISSE

TDG ……. Tisch des Grauens – i.e. Stammtisch
Der Bunte ……. Tätowierter Gastronom
Arbeiterdenkmal ……. Salzgries-Wirt Ernst Göschl selig
Pinselschwinger ……. Der Maler R.H., Stammgast
Pyramidenputzer ……. Persischer Innenarchitekt, Stammgast
Kalter Umschlag auch: Dr. Cheops ……. Ägyptischer Arzt, Stammgast
Jean Gabin ……. Edelsandelnder Gast, hier  zu sehen
Konzernleitung ……. Salzgries Geschäftsführung
Die sterbende Frau ……. ältere Dame, die beim Essen immer einschlief und dabei regelmässig in die Suppe fiel.
Per Heter ……. Kellner Peter Ferber – „Herr Peter“
Der Zauberer ……. „Herr Michael“, Kellner, der früher auf einem Kreuzfahrtschiff als Gelegenheitszauberkünstler gearbeitet hatte.
Brader Gürtel ……. Frau Ricki von der Konzernleitung
Gefältnis ……. Falter-Redaktion

MEHRLICHKEIT HIER:

Langenscheidt-Salzgriesisch.jpg

Der unerlässliche Sprachführer
befindet sich in Vorbereitung!

Salzgriesisch

Cafe-Salzgries.jpgLiebe Frau Andrea, dunkel erinnere ich mich, mal über eine Sprache gelesen zu haben, die sich Falter- und profil-Redakteure ausgedacht haben, um im Café ungestört miteinander zu kommunizieren. Eine Art wiener Journo-Cockney, wenn man so will. Wissen Sie da was drüber?
Sophie Reinelt, Passau
Liebe Sophie, diese “Sprache” gab es tatsächlich. Sie hiess “Salzgriesisch” und wurde nahezu ausschliesslich im Café Salzgries in der Marc Aurel Strasse gesprochen. In dieser Strasse hat nicht nur der Falter seine Adressse, auch das profil war in Prefellnericum dort zu Hause. Salzgriesisch beschäftigte sich im wesentlichen damit, die Vorgänge im Café, die Namen von Speisen, Getränken und bestimmten Gästen in poetisch hochstehende neue Wort- und Satzgefüge zu überführen. Die Speisekarte hiess “Fahrplan”, Münzen waren “Eisenscheine”, Coca Cola hiess “Kinderfernet”, Melange “Schneekoppe”, Lasagne war “Fleisch-Ildefonso”, Suppen firmierten unter “Fleischtee” oder “Knochenbad” und Spinat war schlicht “die heisse Wiese”, Doyen des salzgriesisch war der legendäre Kellner Herr Peter (Färber), salzgriesisch “Perr Heter” genannt. Stammgäste hatten so seltsame Namen wie “der Bunte”, “ der kalte Umschlag”, “die sterbende Frau”, “der lebende Vorwurf”, “Pinselschwinger”, “Pyramidenputzer”, “Pocahontas”, “Noriega” oder “Jean Gabin”. Das Salzgriesisch ist mit dem Umbau des Café Salzgries in das franzöische Edel-Bistro “Le Salzgries” untergegangen. www.comandantina.com dusl@falter.at
Für Falter 37/2005

Goodbye Salzgries

„Heisse Wiese“ – von Perr Heter, Wolfgang Kralicek und Andrea Maria Dusl

„Der Nachruf auf das Café Salzgries gehört jedenfalls zu den Dingen, die ich mir gerne in meine verbale Schatzkiste stecken möchte“

(Lotte Krisper-Ullyett in ihrem Blog)

[…] Wäre Wien bis auf alle Grundmauern verschwunden und nur dieser Ort geblieben [Anm. eben das zugesperrte Café Salzgries], man hätte die Stadt wiedererrichten können aus den Geschichten, die hier erlebt wurden, aus dem Personal, das es bevölkerte, aus der Sprache, die hier gesprochen wurde. […]

In deinem Paralleluniversum wurde eine Sprache gesprochen, die mit dir verstummen wird. Wo sonst wird man ein „Knochenbad“ oder einen „Fleischtee“ bestellen können, wenn man Rindsuppe essen will? Wo wird man nach dem Fahrplan verlangen, wenn man die Speisekarte begehrt? Wo wird man nach „Gas und Strom“ rufen können, wenn man die Rechnung will? Und wo wird man diese dann mit „Eisenscheinen“ (Münzen) begleichen können? Wo soll die „Gewürzschaukel“ oder auch die „Mineraliensammlung“ (Salz & Pfeffer), der „Depressive“ (Kren), das „Fleischildefonso“ (Lasagne), der „aufgetrennte Pullover“ (Spaghetti) oder die „heisse Wiese“ (Spinat) gereicht werden? Auch exotische Getränke wie der „Kinderfernet mit Gletscher“ (Coca-Cola on the rocks), die „Hochobette“ (großes Obi gespritzt), die „Hofenkaltschale“ (Seidel), das „Astl“ (Zweigelt) oder der „Gießhübl“ (Weißer Spritzer) gehörten in deinen Räumen zum Standardsortiment.

Gehegt und gepflegt haben deine Sprache, die als „Salzgriesisch“ in die Geschichte eingehen wird, „Perr Heter“ (Herr Peter) und eine gleichermaßen eingeschworene wie ausgschamte Stammkundschaft, die sich in hingebungsvoller Treue um ihn scharte. […]

Im Falter 7/04, „Tiefschlag für Wien“, S. 70