Von den Enttreppungen

Falter 28/2001 vom 11.07.2001.

Liebe Frau Andrea,

Sie sind meine allerletzte Hoffnung, sie wissen sicher Rat. Ich bin verzweifelt, ich fühle mich eskaliert! Es wird immer schlimmer, was kann ich tun? Was kann ich tun, um mich de zu eskalieren (©Westenthaler)?

Werner Pribitzer, 34
Johnstrasse

Ruhig Blut, Werner.

Setzen sie sich erst einmal, am besten auf einen Stuhl. Auch ein Sofa ist sicher. Keinesfalls dürfen sie sich jetzt auf eine Stufe setzen! Deeskalation oder Deeskalierung, wie es Klubobmann Dr. Khol von der Österreichischen Erfolkspartei nennt, ist kein einfaches Unterfangen. Um richtig de zu eskalieren bedarf es grosser Erfahrung und eines Quentchen Glücks. Schon einer klassischen Eskalation wohnt die stete Steigerung inne. Wie steil mag dann erst eine ausgewachsene Eskalierung ausfallen! Nicht auszudenken. Stellen Sie sich ihr politisches Gefühlsleben als gemütliches Treppensteigen auf den sicheren Stufen des Alltags vor. Nun stellen sie sich weiter vor, jemand hätte die Skala, auf der sie aufwärts steigen, mit einem billigen Kokosläuferaus den sechziger Jahren ausgelegt. Und nun zöge, während sie auf kokosläuferbelegten Stufen treppauf und alltagswärts stiegen, jemand regierungsseitig am unteren Ende des Teppichs. Um nicht zu fallen, würden Sie sich erschreckt ans Geländer klammern und versuchen, Halt zu finden: “Hoppla”, dächten Sie, “wie geschieht mir” und blitzartig schösse Ihnen die einzig richtige Antwort durch den Kopf: “Ich eskaliere gerade!” Was tun, lieber Werner, wenn das unausweichliche passiert? Schreien, klagen, protestieren? Nichts von alledem! Lassen Sie sich fallen, lieber Werner, halten sie sich nicht fest, beissen sie auf ihre Zunge, halten Sie den Mund. Kullern sie los! Deeskalieren sie richtig!

Kosmos und Programm

Falter 26/2001 vom 27.06.2001.

Liebe Frau Andrea,

seit ich denken kann, beschäftigt mich eine Frage brennend. Wo beginnt der Kosmos und wo endet er?

Rainer Scheimpflug,
Mödling

Der Kosmos oder Sternenhimmel, lieber Rainer, jene berühmten, unendlichen Weiten des Weltraums, ist in ebsenso unendlich vielen konzentrischen Zwiebelschalen locker um die Erde gepackt. Wo er beginnt, fragen Sie? Wenn Sie sich, um ein brauchbares Exempel zu statuieren, zu Weltraumversuchszwecken auf dem Mount Everest einfänden, könnten Sie den Kosmos ganz unmitttelbar (be)greifen. Sie müssten sich ganz groß machen, auf die Zehenspitzen (oder auf eine mitgebrachteLeichtmetallkiste) stellen und mit der ausgestreckten Hand ganz nach oben fassen. Denn etwa 2 Meter 21 über dem Gipfel des Mount Everest beginnt der Kosmos. Es gibt zwar billigere Möglichkeiten, solche Höhen zu erreichen – ein ganz normaler Charterflug kommt spielend in die erstn vier der unendlich vielen kosmischen Zwiebelschaalen – aber für unser psychologisch-astronomisches Experiment taugt so ein Flug wenig. Erfahrungen mit Milliarden von Fluggästen haben gezeigt, dass der Flugzeugrumpf, die Kabinenluft, das Bordservice und nicht zuletzt die Gegenwart anderer Passagiere das kosmische Erlebnis erheblich abschwächt. Wo er endet? Der Kosmos endet jenseits der allerletzten Weiten der Vorstellung im Nichts. Schon der Gedanke des Nichts fehlt dort. Leider..

Liebe Frau Andrea,

wie programmiere ich einen Videorekorder?

Florian Spilutini, Wien 6

Lieber Florian,

es ist unmöglich, einen Videorecorder zu programmieren. Legen sie sich einen DVD-Player zu.

Eselsohren

Falter 25/2001 vom 06.06.2001.

Liebe Frau Andrea,

ich kenne mich nicht mehr aus. Neulich sann ich über meine Volksschulzeit und da fiel mir das Wort Eselsohren für die kleinen umgefalteten Ecken der Schulheftseiten ein. Da kann irgenetwas nicht stimmen. Eselsohren sehen doch ganz anders aus.

Doris Haller,
Leopoldsgasse

Liebe Doris,

Sie haben völlig recht. Eselsohren sehen tatsächlich ganz anders aus. Eselsohren sind etwa 40 Zentimeter lang, grau behaart und wachsen aus den Köpfen von ausgewachsenen Eseln.(Das sind die störrischen Tiere, die wie faule Pferdeaussehen). Aber auch der Begriff “Eselsohren” für das Phänomen von umgefalteten Heftseitenecken hinkt ganz stark. Die kleinen, dreieckigen (und stets nach vorne gefalteten) Heftecken müssten eigentlich Koalabärenohren heissen. Sie sehen den putztigen Hörbehelfen der Eukalyptusblattfresser weit ähnlicher als den langen, schotenförmigen Lauschern der neumalklugen Eseln Woran mag es liegen, fragen Sie sich jetzt, liebe Doris, dass im Schulheftbeschädigungsbereich seit Generationen mit gänzlich ungeeigneten Begriffen hantiert wird? Ganz einfach: Eselsohren sahen früher tatsächlich wie Eselsohren aus. Sie waren lang und eingerollt, nicht gefaltet wie heute. Schulkinder in der Zeit vor der Durchindustrialisierung (was für ein klebriges Wort!) hatten andere Lehrbehelfe als heute. Die Seiten waren aus anderm Papier, das Papier war anders gefasert und diese Fasern liefen anders durch die Heftseite als heute. Eselsohren entstanden fast von selbst, ohne Zutun der Schulkinders. Man konnte meinen, Papier selbst habe die Lust am eselsohrigen Gerolltsein. Heutiges Papier dagegen ist dröge und faul. Koaabärenhaft geradezu.

Wieder da

Falter 23/2001 vom 25.04.2001.

Liebe Frau Andrea,

ich habe in der Zeitung gelesen, sie seien in den letzten Wochen gar nicht auf Erholung gewesen, wie ich dachte, sondern hätten klammheimlich einen Film gedreht. Noch dazu in der Ukraine. Stimmt das?

Walter Grobmannseder, Margareten
Lieber Walter,

Sie haben recht, ich bin tatsächlich nicht auf der faulen Haut gelegen, sondern habe mit Detlev Buck und Josef Hader die Weltstädte Bratislava, Lviv, Kiev und Odessa bereist. Die meisten dieser Städte liegen in der Ukraine. Die Ukraine ist ein grosses Land, dessen fruchtbare Erde überwiegend dazu genutzt wird Roh-Vodka anzupflanzen. Das Destillat dieser schmackhaften Nachtschattenpflanze wird in kleinen weissen Plastikbechern verkauft und der durstigen Bevölkerung zur Strahlenprophylaxe verabreicht. Auf den Strassen der grossen, von weitläufigen Kastanienallen durchpflügten Metropole Kiev wird von Ladas, Wolgas und einer rapide wachsenden Zahl von dicken Mercedes befahren. Hinter den schwarzen Scheiben dieser direkt aus deuschen Parkhäusern importierten Limousinen sitzen stiernackige Männer in YSL-Anzügen, die nicht so recht an Vodka als Therapeutikum glauben und stattdessen zum Cognac-Abusus neigen. Die Kiever, die sich allesamt als Bewohner des Nabels der Welt wähnen, essen vorwiegend fett und deftig, vor allem Stör am Spiess, pannierte, mit Käse im dritten Aggregatzustand gefüllte Hühnerbrüstchen und armdicke Pfannkuchen. Jung und alt hört tagein tagaus Ukraino-Pop, eine Musik, die sich anhört, als sängen Ivan Lendl und Ivana Trump Melodien von Peter Cornelius. Die Mädchen in Kiev lieben hohe Schuhe und kurze Minikleider, die Burschen Cognac und Mitsubishi-Geländeautos.

Mir san Mir

Falter 16/2001 vom 18.04.2001.

Liebe Frau Andrea,

ein Physiker erzählte mir, dass in der jüngst abgestürzten russischen Raumstation MIR gar nicht Schwerelosigkeit geherrscht hätte. Die Anziehungskraft hätte weiterhin bestanden. Nur die Geschwindigkeit des Raumschiffes hätte die Astronauten gewichtslos gemacht. Das Fehlen der Anziehungskraft sei mit dem Zustand beim Absturz eines Personenliftes zu erklären. Können Sie das glauben?

Rolf Knell, Ratzersdorf

Lieber Rolf,

der von ihnen kontaktierte Physiker hat nach Ansicht meines Freundes Elmar Platzgummer, ebenfalls Physiker, völlig recht. Nach Ansicht aller kontaktierten Physiker kann Kräften nur gegengewirkt werden. Sie heben sich maximal auf. Wie Ringer, die, weil sie gleich stark sind, stundenlang in einer mühelosen laookonischen Verstrickung herumverharren können. Der Knackpunkt am scheinbaren Schwerelossein in so einer Mir ist die Geschwindigkeit, und die hat in unsrem Fall sehr mit der Höhe der Mirschen Umlaufbahn zu tun. Ein bisschen langsamer und eine Mir würde runtergezogen werden, und zerschellen, ein bisschen schneller, und sie entfernte sich immer mehr Richtung Kosmos. Der Knackpunkt ist das Duo Geschwindigkeit und Entfernung. Würde sich ein Astronaut in einer Umlaufbahn weiter unten befinden, sagen wir, in einem Verkehrsflugzeug, wäre er zwar nicht mehr schwerelos, sondern schon schwerevoll, aber nicht so schwerevoll, wie ganz weiter unten, am Fussboden unseres Globus. Sogar in unserem Körper wirken diese Entfernungs/Geschwindigkeitsphänomene. Ein Molekülchen in unserem Knie ist schwerer, als ein solches in unserer Augenbraue, schlicht weil es, sobald wir auf einer perfekten Kreisbahn wandern, in einer grösseren Entfernung die Erde umkreist, als das Molekül im Knie. Hätten mir sich das gedacht?

Stiefeltechnisches

Falter 14/2001 vom 04.04.2001.

Liebe Frau Andrea,

Gestern hat eine Kollegin gefragt, in welchem Schuhgeschäft man Osterbock kaufen kann. Wissen Sie näheres?

Viele Grüsse
Larry Lex, Eichgraben

Lieber Larry,

Osterbock finden Sie im profilierten Spezialsonderschuhhandel. Osterbock werden aus Stutenleder gefertigt. Sie sind sehr weich, halten trotzdem enorm viel aus und waren zu Zeiten der Monarchie die bevorzugten Stiefel der tschechischen und mährischen Kutscher. Slowakische Kutscher, vor allem die aus den Gegenden der Hohen Tatra und der Zips hatten Pfingstbock lieber, in Galizien wiederum waren Weihnachtsbock ein absolutes Muss. In Lemberg fertigten die Schuster ganz besondere koschere “Pessachbouck”, die anstatt mit Hanfzwirn mit Rosshaar genäht waren und damit auch den allerstrengsten orthodoxen Kutschern als koscher galten. Die Herkunft der Bezeichnung Osterbock ist allerdings mehr als unklar. Bock ist bekannterweise eine Wiener Bezeichnung für Schuhwerk. Vermutlich wurden die eleganten, leichten Osterbock nach der Schneeschmelze angezogen, als der Frühling das Tragen der winterlichen Filz- oder Lammfellstiefel unnötig machte. Osterbock haben mit slawischen Emigranten ihren Weg bis nach Amerika gefunden. In New York – besonders im East Village – waren Sie, als “Easter Bogg” und verballhornt als “Esther Bog” bekannt. In den Schlachthöfen von Chicago waren die so genannten “Auoster Bouck” äusserst beliebt. Die burgenländischen (eigentlich westungarischen ) Fleischhauersgesellen liebten diese strapazierfähigen und dennoch eleganten Stiefel. Die Osterbock werden heute nur mehr von Pinzgauer Rossknüttlern getragen, und dies auch nur aus folkloristischen Gründen. Schade.

Neues aus der Halt-Bar

Falter 13/2001 vom 28.03.2001.

Liebe Frau Andrea,

in meiner Heimbar stehen zum Großteil Flaschen, die bis zu zehn Jahre alt sind. Hauptsächlich Scotch, aber auch Cognac, Grappa u.a. hochprozentige Getränke. Die Frage, die mich bewegt, lautet: kann Schnaps schlecht werden? „raucht“ er aus? Wird er ranzig, sauer, schal? oder hat Alkohol ab einer gewissen Konzentration konservierende Wirkung? Und wenn
ja, gilt das auch für Bailey‘s oder Eierlikör?

Viele Grüße,
Wolfgang K., Internet

Lieber Wolfgang,

die Beantwortung deines Problems ist für eine Nichtalkoholikerin eine spannende Aufgabe. Ob Schnaps schlecht werden kann? Ich weiss nur, dass von Schnapps schlecht werden kann. Von russischen Besatzungssoldaten geht die Mär, sie hätten sich in Ermagelung von Wodka an den Präparaten in den Naturgeschichtekammerln unserer Schulen gütlich getan. Die Wirkung soll trotz der geschmacklichen Herausforderung solcher “Liköre” durchaus intoxikativ gewesen sein. Meine schwedischen Onkels Magnus und Dietrich haben in den 70ern eine Flasche Portwein aus dem Besitz meines seefahrenden Urgrossvaters, Sjökapten Pettersson geöffnet. Der war zu diesem Zeitpunkt mindestens 75 Jahre tot. Meine Onkels, als Schweden durchaus Kenner von alkoholischen Getränken, beschrieben das alte Fläschchen als so ziemlich das Beste, das sie je getrunken hätten. Alten Weinen soll Lagerung ja durchaus gut bekommen. Manche Whiskeys werden überhaupt erst mal 12 Jahre gelagert, bevor sie in die Heimbars von so Leuten wie dir gelangen. Was die Haltbarkeit von Eierlikör betrifft, möchte ich dich zwar an meinen Kollegen Hermes Phettberg verweisen, aber insoferne meinen Senf dazugeben, als ich es für denkbar hielte, dass Eierlikör Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende hält.

Schuhkundliches

Falter 12/2001 vom 21.03.2001.

Liebe Frau Andrea,

was, bitte, ist ein “Bibel-Hammerl”. Hab ich da irgendeinen religiösen Trend versäumt? Der Ausdruck fiel allerdings im Zusammenhang mit Kleidung. Ich bin ratlos, in Vorarlberg gibt es sowas nicht.

Sabine Fink, Internet

Liebe Sabine,

als ich noch ein kleines unschuldiges Ding war, beschäftigte ich mich ausgiebig mit dem Anhimmeln von männlichen Popstars. In einschlägigen Sex-, Drugs- and Rock’n’Roll-Etablissements war zu dieser Zeit eine Wiener Musikkapelle zu Gange, die sagenumwobene Schoitl AG. Die hatten bodenlange Mäntel an auf der Bühne und spielten schwere Gitarrenmusik, jedenfalls sah das auf den ebenso mysteriös wie vielversprechenden Plakaten so aus. (Schwere Riffs kommen immer von tief hängenden Gitarren, vermutete ich.) Der Held der von mir aus der Ferne angebeteten Combo war der damals schon in ganz Niederösterreich weltberühmte Helmut Bibl. Die langen Django-Mäntel, die die Schoitl-AG anhatten, haben auf mich eine atemberaubende, ja geradezu animalisch-sexuelle Anziehung ausgeübt. Bibl hatte zudem eine hervorragende lange Matte, die fast so lang war wie sein grauer Mantel. Er war als Gitarre spielender blonder Winnetou die Idealbesetzung. Nur die Allmann Brothers hätten zu dieser Zeit frisurtechnisch mithalten können. Das wichtigste Utensil der Schoitl AG aber war das Schuhwerk des Gitarrenfachmanns, es waren ebenso ausgelatschte, wie elegante texanische Cowboy-Stiefel. Und nun zu Deiner Frage: Stiefel im allgemeinen heissen in Wien seit Urzeiten Hammerl, die beschriebenen Spezialgeräte waren unter „Bibl-Hammerl“ bekannt. Helmut Bibl hat sich seit den 70ern äußerlich (und innerlich) nicht verändert. Nur die Bibl-Hammerl sind etwas weicher geworden.

Wiederkäuer

Falter 11/2001 vom 14.03.2001.

Liebe Frau Andrea,

beim Flanieren über den Brunnenmarkt konnte ich über dem Eingang des Hauses Wien 16, Payergasse 12, folgenden interessanten Text lesen: „Wir sind in die Welt gevögelt und können nicht fliegen“, Werner Schwab, III Stock, Tür 18, 1992 – 1993. Diese Zeilen sind auf einer Plexiglasscheibe aufgebracht, hinter der, in einer Mauernische, Schulter- und Kieferknochen diverser Wiederkäuer fixiert wurden. Ein Scheinwerfer scheint dieses Gesamtkunstwerk des Abends auch noch zu beleuchten. Nun zu meiner Frage: Ist es eine grobe Wissenslücke, nicht zu wissen, wer jener Werner Schwab ist/war? Für Deine geschätzte Antwort im Vorhinein dankend verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Herwig Schöbitz
P.S.: Auch Sonja läßt herzlichst grüßen.

Lieber Herwig, liebe Sonja,

das von Euch entdeckte Kunstwerk bezieht sich auf ein Stück des Grazer Dramatikers Werner Schwab: „Übergewicht, unwichtig: Unform“. Darin reden sich sechs Spießbürger in einem Vorstadtlokal den Bodensatz der österreichischen Gesellschaft von der Seele: Sozialneid, Fremdenfeindlichkeit, Gewalt und verklemmte Sexualität. Wie Tiere fallen sie über ein glückliches Liebespaar her, das nichts zu suchen hat in ihrem Mikrokosmos aus Hass und Demütigung. Das Pärchen wird vergewaltigt, ermordet und schließlich verspeist. Das Stück endet mit dem berühmten Zitat: „Wir sind in die Welt gevögelt und können nicht fliegen“. Der tote Dichter lebte von 1981 bis 1989 mit Frau und Sohn zurückgezogen auf einem Bauernhof und arbeitete dort sowohl an „verwesenden Skulpturen“ aus Kadavern und Fleisch, als auch an Erzählungen und Theatertexten. Die 16 Stücke, die er zwischen 1990 und seinem Tod in der Silvesternacht 1993 schrieb, machten ihn zum begehrten Bühnenautor, zum Skandal und zum Idol.

Über die Lautstärke

Falter 10/2001 vom 07.03.2001.

Liebe Frau Andrea!

Kann man eine LAUTE auch leise spielen? Und wenn nicht, wie?

Günther Poidinger, Neubau

Lieber Herr Günther,

Laute spielen ist ein beliebtes Thema, um Witze zu machen. Ertappte Lautespieler versuchen sich dann, mit Sprüchen wie „ich betreibe wenigstens keinen unlauteren Wettbewerb“, aus der Situation retten. Doch Betroffene können oft nicht mehr mitlachen. In Österreich spielen etwa 200.000 Menschen regelmäßig Laute. Die meisten, bis zu 80%, sind Männer. Lautespieler sind sich ihres Problems meistens nicht bewußt. Erst wenn sie Laute spielend, mit Lautstärken bis zu 80 Dezibel (Lautstärke eines startenden Motorrades) ihre Nachbarn und Partner vertreiben, wird ihnen der Ernst der Lage bewußt. Ob Prominente, Politiker, Arbeiter oder Geschäftsleute, alle sind in gleicher Weise betroffen“, weiss Lautenforscher Prof. Magaunig von der Universität Klagenfurt. Bei den meisten Menschen ist die Lebensqualität stark beeinträchtigt. Ständig kämpfen Lautenspieler mit ihrer Müdigkeit und „nicken“ häufig ein. Zudem nehmen Leistungsfähigkeit und Konzentration immer weiter ab. Der Klagenfurter Lautenmediziner berichtet von verzweifelten Patienten, die ihre Arbeit verlieren oder bankrott gehen. Während nicht Laute spielende Menschen wenig Schaden anrichten, so kann der Sekundenschlaf eines Lautenspielers tödliche Folgen haben: „Es wird uns immer wieder von unaufgeklärten Unfällen berichtet, bei denen wir annehmen, daß die schwere Tagesmüdigkeit eines Lautenspielers die Ursache gewesen sein könnte“, sagt Morgenstern der zuletzt fordert „wenn die Ehefrau anfängt, sich über das Lautespielen zu beklagen, ist das ein Warnsignal“.

Mehr Drogen

Falter 09/2001 vom 28.02.2001.

Liebe Frau Andrea!

Ich kenne mich nicht mehr aus. „Noch mehr Demos“ schlägt die FPÖ auf Wahlplakaten vor, und ich glaube sie hat das so gemeint, dass die anderen das haben wollen, weil die Plakate sind rot und grün. Da hat mir eine Freundin gesagt, dass Demos auf griechisch Volk heißt. Weil die FPÖ aber eine stinknormale demokratische Partei ist, wendet sie sich sicher nicht gegen Volk und Demokratie, habe ich mir gedacht. Aber, habe ich weiter gedacht, vielleicht gegen die Überbevölkerung? Wie ich gerade so nachdenke, sehe ich aber ein Plakat von der Spitzenkandidatin: „Drogen: Ich bin selbst Mutter“. Muttersein führt doch zu noch mehr Überbevölkerung, oder? Die will die vielen Kinder doch nicht mit tödlichen Drogen… – nein. Ich kenne mich echt nicht mehr aus. Erklären Sie mir das bitte, liebe Frau Andrea!

Ihr Klaus Federmair, gmx.at

Lieber Klaus,

bei der FPÖ scheint die rechte Hand nicht zu wissen, was die ganz rechte tut. Das wird in den Plakatkkampagnen der letzten Wochen deutlich sichtbar. Erst wurden seltsame Pfeildiagramme in die Schlacht geworfen, die grafischen Sujets des britischen Stardesigners Neville Brody so nahe standen, dass der Verdacht des geistigen Diebstahls in der Luft stand, dann wurde mit dem Ruf nach mehr Demos und Ausländern bizarre Ängste vor rot-grün geschürt und nun wirbt die Partei des einfachen Mitglieds mit der geballten Kraft einer berufstätigen Mutter. Bei der Spitzenkandidatin für die Wiener Wahl scheint das dextromanuelle Gespaltensein einer Person vorzuliegen. “Ich bin selbst Mutter”, lächelt Helene Partik-Pablé drogenbewusst von den Wänden. Heissen die kleinen Tabletten, die Mamis im tiefsten Frust zu sich nehmen, nicht “mothers little helpers”?

Knopfsemmel

Falter 08/2001 vom 21.02.2001.

Liebe Frau Andrea!

Im Falter 7/01 empfehlen Sie einem Uwe aus dem Internet, der ein Problem mit Knopfsemmeln hat, er möge sich ggf. einen Termin beim Salzamt holen. An der Knopfsemmeltheorie dürfte etwas Wahres dran sein. Ich habe heute bei meiner Ankerfiliale (Sechshausergürtel) nichtsahnend ein paar Semmeln bestellt und bezahlt, zuhause beim Auspacken musste ich mit Erschrecken die von Uwe beschriebenen Knopfsemmeln erkennen.

Mit lieben Grüßen
Christian, Internet

Lieber Christian,

Sie haben recht, das Salzamt wird uns nicht weiterhelfen. Vielleicht bringt die offizielle Stellungnahme des Anker Kundenservice etwas Licht in die Dunkelheit der Semmelkrise: “Die der Kärntner Knopfsemmel nachempfundene „Knopfsemmel“ sollte in unseren ersten Testfilialen die optische Unterscheidbarkeit ermöglichen. Ankerbrot ist der festen Überzeugung, dass die Art der Herstellung dieser Semmel (mit Gärschrank in der Filiale) die Semmel länger frisch hält, mehr Volumen erzeugt und besser schmeckt. Ankerbrot versieht nun diese Semmel mit einem Markennamen und nennt sie „Ankersemmel“. Für die Anhänger der „Kaisersemmel“ bleibt auch die traditionelle Semmel in unserem Sortiment.” Da haben wir’s, lieber Christian! Semmel ist also nicht gleich Semmel. Da Sie, wie Leser Udo offenbar auch Anhänger der Kaisersemmel bist, hier mein Tip: Verlangen Sie doch beim nächsten Ankerbrotfilialbesuch nicht einfach locker eine Semmel sondern ausdrücklich eine “Kaisersemmel”. Vielleicht könnte es auch helfen, unmissverständlich klar zu machen, dass Sie aus religiösen Gründen keine der Kärntner Knopfsemmel nachempfundene „Knopfsemmel“ essen dürfen.