Wieder da

Falter 23/2001 vom 25.04.2001.

Liebe Frau Andrea,

ich habe in der Zeitung gelesen, sie seien in den letzten Wochen gar nicht auf Erholung gewesen, wie ich dachte, sondern hätten klammheimlich einen Film gedreht. Noch dazu in der Ukraine. Stimmt das?

Walter Grobmannseder, Margareten
Lieber Walter,

Sie haben recht, ich bin tatsächlich nicht auf der faulen Haut gelegen, sondern habe mit Detlev Buck und Josef Hader die Weltstädte Bratislava, Lviv, Kiev und Odessa bereist. Die meisten dieser Städte liegen in der Ukraine. Die Ukraine ist ein grosses Land, dessen fruchtbare Erde überwiegend dazu genutzt wird Roh-Vodka anzupflanzen. Das Destillat dieser schmackhaften Nachtschattenpflanze wird in kleinen weissen Plastikbechern verkauft und der durstigen Bevölkerung zur Strahlenprophylaxe verabreicht. Auf den Strassen der grossen, von weitläufigen Kastanienallen durchpflügten Metropole Kiev wird von Ladas, Wolgas und einer rapide wachsenden Zahl von dicken Mercedes befahren. Hinter den schwarzen Scheiben dieser direkt aus deuschen Parkhäusern importierten Limousinen sitzen stiernackige Männer in YSL-Anzügen, die nicht so recht an Vodka als Therapeutikum glauben und stattdessen zum Cognac-Abusus neigen. Die Kiever, die sich allesamt als Bewohner des Nabels der Welt wähnen, essen vorwiegend fett und deftig, vor allem Stör am Spiess, pannierte, mit Käse im dritten Aggregatzustand gefüllte Hühnerbrüstchen und armdicke Pfannkuchen. Jung und alt hört tagein tagaus Ukraino-Pop, eine Musik, die sich anhört, als sängen Ivan Lendl und Ivana Trump Melodien von Peter Cornelius. Die Mädchen in Kiev lieben hohe Schuhe und kurze Minikleider, die Burschen Cognac und Mitsubishi-Geländeautos.

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