Peter Paul Skrepek

Nicht immer stecken in den besten Kronen auch die besten Perlen. Manchmal haben auch ungekrönte Häupter der Presselandschaft den einen oder anderen kolumnistischen Klunker am Hut. Ein ungefaßtes Juwel der schleifenden Sprache verbirgt sich in der zeitlos eleganten Branchenpostille media biz. Peter Paul Skrepek, nach eigenen Angaben „Präsident des Satirischen Zentralamts, der Musikergilde und der Musikergewerkschaft“, wettert am Ende jeder media biz-Ausgabe weiß auf schwarz in Don Quichote-würdiger Unerschrockenheit gegen die Windmühlenflügel des totalen Handynummerüberwachungsstaats. Der Staat, so weiß es der Robin Hood unter den Gitarrelehrern, hat es vor allem auf die österreichischen Liedermacher abgesehen. Weiters auf alle, die eigene Gedanken haben und dann auch noch auf die, die sowohl Austropopper als auch Selbstdenker sind. (Leute wie Peter Paul Skrepek eben.) Die logische Folge dieser Unterdrückung: Kein Kleinkünstler, vom Zauberer bis zum Klavierstimmer, vom Gedichtebastler bis zum Eigenkompositeur, kann sicher sein, von Peter Paul Skrepek nicht beschützt zu werden.
© Andrea Maria Dusl
„Falter“ 52/98 vom 23.12.1998 Seite 22

Das Foto mit Wolfi und Joschka

Mittlerweile kennen wir es alle: Das Foto dieser Tage. DAS Foto des Gipfels. Das Foto mit Wolfi und Joschka und der Stafette vor dem Plakat. „Europa muß fit bleiben“ lautet sein Slogan. Ein rechter österreichischer Läuferarm übergibt ein Stahlröhrl an einen rechten deutschen. Bei allen Assoziationen, die politische Binden auf deutschsprachigen Sportlerarmen auslösen, bleibt die Frage nach der Botschaft des Sujets. Hält sich Europa fit, indem Österreich ein Rohr in deutsche Hand verlegt? Wird Europa zur Union politischen Athletentums? Fit allein durch rasende Übergaben? Welche Aussage sich tatsächlich hinter der riefenstählernen Ästhetik verbirgt, illustrierten die schalkbereiten Außenminister Wolfi Schüssel und Joschka Fischer vor dem 24-Bogen-Plakat mit der kleinkünstlerisch einwandfreien Übergabe des Vorsitz-Hölzls von Österreich an Deutschland. „Uff, gschafft hammas“, grinst es aus Schüssel, „mir sin ausn Schneider. Gut is gangen, nix is gscheng, sollen si die Piefke derstessen mit die ungelösten Fragen.“ Wirklich gute Pressefotos enthüllen mehr als tausend Pressekonferenzen.
© Andrea Maria Dusl
„Falter“ 51/98 vom 16.12.1998 Seite 22

Das elfte Gebot

Du sollst keine Vereinszeitung lesen, lautet das elfte Gebot. Es wird, von Vereinsmeiern einmal abgesehen, gerne eingehalten, denn: Vereinszeitungen sind meist fade. Und der Grad ihrer Fadesse steigt mit der dritten Potenz ihrer Gutmenschlichkeit. Wobei die politische Orientierung solcher Publikationen keinen nennenswerten Einfluß auf den Grad ihrer Unlesbarkeit ausübt. Linkslinke Soliblätter sind ebenso starke Schlafmittel wie rechtskatholische Spendegazetten. Denn meist beschäftigt sich der Trägerverein mit so spannenden Themen wie Selbsthilfe, Eingottglaube, Zweitbesitz, Dritte Welt oder vier Pfoten, und stets liegt dem Jammerblatt auch noch ein Zahlschein bei, der bei Nichtverwendung Betroffenheit bis in den eigenen Sarg garantiert. Gutmenschenvereinszeitungen sind das Letzte. Sie werden nur noch von Gutmenschen-Kunst-&-Kultur-Vereinszeitungen übertroffen. Diese Parameter treffen auf das Organ des WUK zu wie auf kaum eine andere Publikation. Und dennoch gelingt Chefredakteur Reinhard Puntigam mit einer kleinen Redaktion das Unmögliche: Sein Triebwerk ist eine spannende Zeitung.
© Andrea Maria Dusl
„Falter“ 50/98 vom 9.12.1998 Seite 20

Die Akte Hitler

Magazine unterscheiden sich – rein äußerlich – von Tageszeitungen neben dem handlicheren Format durch ein hochglänzendes Farbcover. Gute Cover überzeugen außer durch Glanz und Farbe auch durch eine raffiniert ausgeheckte Kombination aus Bild- und Textaussage. Wenn also Caspar Einem zum Titel „Der Buhmann“ verschmitzt vom profil-Cover grinst, signalisiert das: „Der Mann ist ein Schlitzohr und mit allen Wassern gewaschen, aber weil uns das eigentlich gefällt, schreiben wir Buhmann statt Casparl, dann kriegen wir vom Eigentümer keine aufs Dach.“ Wenn zeitgleich der Führer, aus 1800 Adolf-Porträts zusammengesetzt, das Format-Cover „Die Akte Hitler“ dämonisch beschattet, verdichtet sich die Botschaft: „Der Typ war zu böse, den können wir nur vielschichtig auf den Titel knallen. Außerdem krallen wir uns mit der superen Collage jeden Illustrations-Oskar.“ Subtile Botschaften gehen inzwischen aber auch von Tageszeitungen aus. Über dem sonntäglich freundlichen Konterfei des Kardinal Schönborn prangte die kirchenfreundliche Kurier-Schlagzeile: „Die Erfolgsgeheimnisse des weißen Wunderteams.“
© Andrea Maria Dusl
„Falter“ 49/98 vom 2.12.1998 Seite 22

Was mir der Papst so sagt

Allerorten schlitterte man rätselhaft herum, stolperte im Ungewissen. Auf höchstem kirchenpolitischem Parkett ebenso wie auf den Bretterböden, die die Weltkirche bedeuten. Und von den Spannteppichen der heimischen Katholiken leuchtete es sowieso wie ein eingetrockneter Soßenfleck: „Warum Krenn so zornig ist … Der umstrittene Bischof – einsam und liebevoll.“
Woran andere, von der Vatikanpostille Osservatore Romano bis zum sanften Jesusfreund, scheiterten, den Schleier vom Kirchenrätsel des Jahrzehnts zu lüften, gelang täglich Alles am Montag des Herrn: „Krenn! Macht der Tod seiner Mutter ihn so zornig?“ schlagzeilte die Ignaz-Köck-Straße. „Er ist ein durchaus liebevoller Mensch, aber einer, der seine Gefühle ständig unterdrückt – bis er explodiert“, wird ein ehemaliger Mitarbeiter des Polterers zitiert.
Erst der schwere, liebevoll unterdrückte Schicksalsschlag, jetzt die zornige Explosion eines „Einzelkämpfers (…), der sich nach Zuwendung sehnt.“ Täglich Alles an alle: Mehr Verständnis für den Mann im Abseits, aber zack! Er tut nur, „was mir der Papst sagt“, so das um Verständnis bemühte Buntblatt.
© Andrea Maria Dusl
„Falter“ 48/98 vom 25.11.1998 Seite 24

Nie mehr krank

Alle, von der oft angesehenen Washington Post bis zum vielzitierten Economist hatten sich schon auf den Vater aller Zeitungskriege eingestellt. Auf das Match der 1A-Schichtbearbeiter, den Infight zwischen den großen Magazinen dieses Landes. Den Final Countdown zwischen dem neutapezierten profil und dem jung betuchten Format. Teure Kolumnisten hatten sich bis an die Zähne mit billigen Formulierungen bewaffnet, Chefredakteure hatten ihren Stil in ungezählten Geheimkonferenzen und Cafeteriadebatten in geahnte Höhen geschraubt, und Herausgeber waren von ihren Chefs mit unglaublich goldenen Pflügen zur Beackerung des Marktes ausgestattet worden. Und dann das. Der Krieg der intellektuellen Broschüren fand einfach nicht statt. Zu tief saß ein alter Stachel der Gebrüder Fellner im mürben Fleisch des profil. Der Liebreiz der Natürlichkeit, die Magie der Unbekleidetheit, der ewige Reiz des Weiblichen. Die Nackte auf dem News-Cover. Jetzt geben wir’s euch, sagte sich die profil-Troika und schlug zurück. Frisch aus der Retusche und „Nie mehr krank“: die Nackte auf dem neuen profil-Cover.
© Andrea Maria Dusl
„Falter“ 47/98 vom 18.11.1998 Seite 22

Gleise und Züge, Sicherheit und Fernweh

„Sie wollen ab ins Blaue. In netter Begleitung. Doch vor lauter Lkws sehen sie bald nur rot“, so der Text des Plakats. Rot sahen da die Vertreterinnen der Mehrheitsbevölkerung. Denn die drei Grazien, die schmollmündig für das Fahren mit der Bahn werben, tun das unter dem Titel „Heisse Fracht“. Tja, auch Frauen seien Fracht, meinten die Verantwortlichen mit blauäugigem Zwinkern, und ausserdem sei das Sujet nur Teil einer wohlproportionierten Kampagne. 24 Seiten ist der News eingeheftete Folder stark. Eingeheftet, nicht beigelegt. Unausschüttelbar eingenewst. Ein Eigenlobhudelheft im Eigenlobhudelheft. Über Gleise und Züge, Sicherheit und Fernweh. Und wer die Menschen hinter den Schlagworten sind, erfahren wir auch: „Unser Mann bei der Bahn“ steht über elf Steckbriefen, die sich als Sympathiehascher durchs Heft winden. Von Erfolg sprechen sie, von Verantwortung und erfüllten Träumen. Doch halt, ist da nicht auch „Unsere Frau bei der Bahn“ dabei? „Nicht selten erzählen mir die Männer ihre Lebensgeschichte“, bekennt die Zugbegleiterin unter dem Motto „Das Beste aus dem Leben machen“.
© Andrea Maria Dusl
„Falter“ 46/98 vom 11.11.1998 Seite 20

Die Farbe des Standard

Vor nicht allzulanger Zeit machte der Standard blau. Die gewohnt forellenfiletfarben getönte Zellulose war aus Werbegründen einem schmutzigen Ultramarin von geradezu bestialischer Ungemütlichkeit gewichen. Nicht wenige hielten das für die Kolorierung der nächsten zehn Jahre. Lachsrosa heißt die Farbe des Standard offiziell. Die nomadischen Liberalos unter den Speisefischen sind aber nicht rosa, außen schon gar nicht. Die Farbe des Lachsfleisches ist, wenn schon, dann lachsfarben, und das ähnelt mehr einem speckigen Orange als der Zeitung des Mannes mit der tiefen Stimme. Welcher Fisch dem Standard nun farbnamentlich Pate stehen müßte, darüber streiten Ichthyologen wie Colorberater, Papierforscher wie Sprachwissenschaftler. Makrel, Tonno Fresco, Filet de Sardine und Hechtzungenbraun stehen ganz oben auf ihrer Liste. Auch Pyramidenfarben, Sandocker, Bäsch (die neue Schreibweise des Beigen) sowie das von Kinderbuntstiften bekannte Fleischfarben werden immer wieder ins Spiel gebracht. Warum aber nennen wir das Financial-Times-Rosé des Standard nicht schlicht und simpel standardfarben?
© Andrea Maria Dusl
„Falter“ 45/98 vom 4.11.1998 Seite 12

News. Die Schwesternzeitschrift

Was wurde eigentlich aus der Schwesternzeitschrift? Was wurde aus Österreichs größtem Nachrichtenmagazin, dem Mitteilungsblatt für Leute, Szene, Geld und Politik? Was wurde aus News? Und wer liest es noch, jetzt, wo Geld und Politik von Format sein müssen, Leute und Szene dagegen wieder profil haben dürfen? Es ist wahr, aber traurig, News liegt nicht mehr so Hart auf der Lauer nach Handykunden, es flappt nicht mehr so richtig mit dem Sex, und auf dem einst boomenden Rubbelmarkt gedeiht die gähnende Lehre der Esoterik. Ein Trend, der unser Leben ändern wird. Auch das Wissen um Marilyn Monroes Mörder: Eiskalt, wie der prominente JFK-Bruder Robert Kennedy MM meucheln ließ. Wild diskutiert in der Wiener Szene: Die Varianten der modernen Sinnsuche: „Fernwahrnehmung“ und „Therapeutic Touch“. Schade, aber gerecht: Die Wende am Kunstmarkt: Noch dominieren die Objekt- und Medienkünstler. Doch die Maler kommen wieder. Von unfreiwilliger Sitzkomik: Franz W. oder die ewige Konjunktur der Sitzmöbel. Österreichs Nummer eins – von Platz 29 auf Platz 23 der Welt. News, die sitzen.
© Andrea Maria Dusl
„Falter“ 44/98 vom 28.10.1998 Seite 17

Gene für Mutterliebe verantwortlich?

„Manche Frauen“ seien „besonders kinderlieb, andere hingegen froh, wenn sie mit dem Nachwuchs nur wenig zu tun haben“, enthüllte das renommierte humangenetische Periodikum „täglich Alles“ jüngst.
Im Foto über der entscheidenden Frage: „Gene für Mutterliebe verantwortlich?“ sehen wir die Wissenschaftlerin Dr. Sonja Kirchberger von der Universität Cambridge mit ihrem schmiegsamen Assistenten Dr. Hubertus von Hohenlohe.
Daß das Fehlen des „sogenannten MEST-Gens“ bislang nur bei Mäusen zu schlechten Müttern führte, wird uns aus Gründen der wissenschaftlichen Gründlichkeit nicht verschwiegen. Daß das böse Gen aber (oho!) nur vom Mäusevater mütterlicherseits vererbt wird, erfahren wir ausschließlich in der angesehenen evolutionsbiologischen Fachschrift Krone (der Schöpfung): „Ob eine Frau nach der Geburt mütterliche Gefühle entwickelt“, hänge „weitgehend vom Erbmaterial ihres Vaters ab“.
Das Foto dazu zeigt konsequenterweise eine weibliche Testperson bei der Ausübung ihrer Mutterinstinkte: „Ein Fotomodell in Sisi-Kostüm“ wechselt das Küberl in einem wertvollen „stillen Örtchen“.
© Andrea Maria Dusl
Falter“ 41/98 vom 7.10.1998 Seite 22

Sigrune und Schwertleite

„Zum Glück heiße ich Thomas.“ „Das deutsche Schicksal“, „Adolf, Burghart, Horst, Uta“ genannt zu werden, blieb Chorherr erspart. Ist doch sein Familienname im Gegensatz zu „Eichmann, Himmler, Seyss-Inquart und Hittler (sic!)“ nicht braun vor-, sondern nur grün nachbelastet. Kein Problem also für „Ich heiße Thomas – Gott sei Dank“ Chorherr, der allerdings „einen Herrn kannte, dessen Töchter deutsche Vornamen tragen mußten, die alle mit S begannen“. Der Vater von Sigrune und Schwertleite „war kein Nazi, sondern nur ein Wagner-Verehrer“. „Wagner zu verehren mußte nicht unbedingt Geistesverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus bedeuten, denn Wagner haben auch viele Juden verehrt, ohne daß es ihnen schließlich genützt hätte.“ Von einer „Belastung“ durch einen „Altvorderen“ weiß Chorherr auch: „Im Jahr 1938 beging meine Mutter – Gott hab sie selig! – etwas, von dem ich erst viel später erfuhr. Sie besserte in ihrem Taufschein den Namen dieses Großvaters auf „Mathäus“ um. Es war Dokumentenfälschung. Der liebe Gott hat es ihr sicher verziehen.“ Großvater Nathan vermutlich weniger.
© Andrea Maria Dusl
„Falter“ 40/98 vom 30.9.1998 Seite 22

Wem gehört Hermann Maier?

Wem gehört Hermann Maier? Dem Kurier, der seine Biografie vorabdruckt? Oder der Krone, die ihn mit Thomas Muster zusammenbrachte? Zwar punktete der Kurier mit Reflexionen über den Jahrtausendflug, den Titel des Buches hatte aber das Kleinformat besser verstanden. „Ich gehe meinen Weg“ (durch die Krone). „Aufmerksam, als wolle er später einmal in diese Branche einsteigen“, so erfahren wir über den olympischen Besucher, „ließ Maier sich Layout, Schreibcomputer, technische Aufbereitung der Bilder erklären.“ (Der Kurier wußte von Maiers Überlegungen, doch als Ziegelschupfer am Ball zu bleiben.) Wie nicht anders zu erwarten, „schloß er sofort mit den Druckereiarbeitern Freundschaft.“ Als Profi hatte Maier auch ein passendes Paar „Original-Rennskier“ mit dabei, die er mit einem Original-Autogramm verzierte. Wenn schon nicht klar ist, wem der „Hörme“ gehört – er soll ja auch eine Freundin haben -, wissen wir zumindest, wem sein ewiges Dankeschön gilt: den Druckereiarbeitern in Inzersdorf. „Ihr habt’s wegen mir oft so viel Arbeit gehabt, so viele Überstunden machen müssen.“ Danke.
© Andrea Maria Dusl
„Falter“ 39/98 vom 23.9.1998 Seite 22