Krocha

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Die Krocha sind ein originär Wiener Phänomen. Was die Schlurfs, Futkarlis, Mods der 50er, 60er und 70er waren, sind heute die Krocha. Ihr Lieblingsausdruck ist „Bam, Oida“. Sie haben bräunungscremegeschwärzte Gesichter, neonfarbene Oaschkappeln, schranzen sich die Bock durch in der Schicht oder im Millenium und kultivieren die Wiener Lingo von 1910 auf hohem proletarischem Niveau. Ihr Tanz ist ein charlestonartiges Gezappel, ihr Schmäh derb, aber unoriginell. Trotzdem: ich mag die Krocha.
Dusilation für Falter 14/2007 – Ins Büdl einekrochn, Oida, für 1000px-Version!
–> Zur Falter-Krocha-Geschichte

Academy of Style ::: Than Shwe

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Generalissimus Than Shwe (links im Bild) ist Staatschef von Myanmar und anerkannter Bösewicht. Seit 1992 ist er Vorsitzender der herrschenden Militärjunta des Landes. Ein Diktator, wie er im Buche steht.
Hier interessieret uns das Modebewusstsein des ehemaligen Postbediensteten. Im Rahmen einer Bad-Will-Terror-Kampagne schreitet der General Kompanien von Jubelbirmesinnen ab.Than Shwe verspricht sich, durch anhaltende Grausamkeit zum Mann des Jahres des Time-Magazins gewählt zu werden. Hitler und Stalin, ja sogar der Ayatollah Khomeini hätten das schliesslich auch geschafft.
Ausdrücklich gelobt werden muss die modische Weltneuheit: T-Shirt über Generalsuniformrock.

Fidel Castro ::: Adidas

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El Máximo Líder in einem schnittigen Trainingsanzug von Adidas. Frisch aus dem Laserdrucker: Die Fahnen der Parteizeitung Granma. (Granma – US-amerikanisch für Oma – hiess die Yacht, mit der Fidel, Che Guevara und 80 revolutionäre Gefährten am 25. November 1956 von Tuxpan (Mexiko) in See stachen, um die Karibikinsel vom korrupten Regime der US-Marionette Batista zu befreien.) Der Rest ist Geschichte, das Bild hier inzwischen auch. Manche meinen, es sei mit Photoshop getürkt, im voraus gemacht, whatever. Andere sagen, wer ein Gesundheitssystem hat wie Kuba, (wo die Säuglingssterblichkeit geringer ist als in Norwegen) kommt mit einem präsidentialen Magengeschwür vielleicht sogar besser zurecht, wie mit Windows und Photoshop.
Sorgen hätte uns allenfalls der Titel auf der Granma bereitet: Absuelto por la Historia“ – „Von der Geschichte freigesprochen.“ Jetzt schon? Fidel lebt doch noch. „Condenadme, no importa, La historia me absolverá.“ „Verurteilt mich, egal, die Geschichte wird mich freisprechen“, hatte bekanntlicherweise die finale Passage in Fidels Verteidigungsrede (–> Download der Rede) geheissen, die er hielt, als er am 16. Oktober 1953 wegen umstürzlerischer Umtriebe vor dem Batista-Gericht in Santiago de Cuba stehend zu 15 Jahren Zuchthaus auf der Isla de Pinos verurteilt wurde (von denen er, wegen wachsendem Drucks der Bevölkerung und seiner einflussreichen Schwiegerfamilie amnestiert, nur zwei absass.)
Hier telefoniert Fidel gerade mit dem Bureau Comandantina Dusilova.
Sowas türkt man nicht.
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Fidel Castro und Hugo Chavez essen Joghurt

Ob folgende Bilderserie auch mit Photoshop modifiziert
wurde, sollen klügere als ich beurteilen. Vom stilakademischen
Sichtwinkel betrachtet, muss der gezielte Einsatz der Farbe
Rot ausdrücklich gelobt werde, Hier sehen wir den Alten im
Bett, besucht von Hugo Chavez und Brüderchen Raoul, der
gerade die Regierungsgeschäfte führt.
Wie dem auch sei, die Kunst des Portraits wird in kubanischen
Krankenhäusern durchaus hochgehalten.
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Warum sich Hugo und Fidel an einem japanischen Elfenbeinpenis
anhalten, muss die Geschichtsschreibung klären.
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Im nächsten Bild schreibt Fidel Hugo eine kleine Wunschliste
zusammen. Kekse, ein Baseballheft, die Lesebrille aus dem
Palast. Ein paar scharfe Videos und drei Schachteln Camembert.
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Hugo und Fidel essen Crackers und linksdrehendes Joghurt.
Die Weltlage ist jetzt mal nicht so wichtig.
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Schreib mir mal auf, Hugo, wo’s Larry Davids
„Curb Your Enthusiasm“ gibt. Ich find den Kerl
megalustig. „Mach ich“, sagt Hugo und notiert
die URL der Amazon-Website.
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Mehr Bilder auf der Website von Kubas Parteizeitung Granma

Breakfast Outside America ::: Neue Galerie

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„Breakfast in America“ hiess ein Album der familientauglichen Softrock-Föhnfrisur-Truppe Supertramp. Statistisch gesehen ist es wesentlich wahrscheinlicher, ein Frühstück ausserhalb der USA einzunehmen als innerhalb des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten. Das ist eigentlich auch gut so. So kommen nämlich auch Nichtamerikaner regelmässig dazu, etwas gegen den morgendlichen Unterzucker zu tun. Breakfast Ouside America, Frühstück in aller Welt ist manchmal üppig, dann wieder spartanisch, mal rustikal und dann wieder urban. Meistens aber absolut notwendig. Die Frühstücke in dieser Galerie habe ich denn auch alle selbst konsumiert. ‚Morgen.

Camauro

Papa-Claus.jpgLiebe Frau Andrea, was ist los mit unserem Papst? Statt des kleinen weissen Käppis trägt Benedikt 16 einen weinachtsmannmässigen, im Styling aber voll omahaften roten Pelzhut. Was steckt da für ein Modekonzept dahinter? Fragt Rainer Meissl, Margareten.
Lieber Rainer, das weisse Hütchen, das wir von Papst Johannes Paul II. gut in Erinnerung haben, ist der Zuchetto, offiziell Pileolus. Das Käppchen ist seit dem 16. Jahrhundert in päpstlichen Gebrauch. Ein praktisches Ding, das natürliche Glatzen und klerikale Tonsuren vor Sicht, Sonne und kalten Kirchenschiffen schützt. Die weisse Farbe hat weniger mit papaler Heiligkeit als mit Papst Pius V, einem Dominikaner zu tun, der die Farbe seines Ordens im Vatikan etablierte. Zuvor war der Camauro die Spitze der päpstlichen Garderobe gewesen. Das rote Häubchen hat seinen Namen vom griechischen kamelauchion – schliesslich war das Käppi aus rot gefärbtem Kamelleder gekürschnert. Die mittelalterlichen Petrusse verbrämten den Rand der unförmigen Ohrenhaube bald mit Hermelin. Dieses Hütchen hat der bairische Oberhirte Benedikt VI. nun in seine Wintergarderobe aufgenommen. Die Premiere der tantenhaften Mütze fand bei einer Generalaudienz am am 21. Dezember 2005 statt. Obwohl das Tanta-Klaus-Hütchen sagenhaft unschick aussieht, sollte man Papa Ratzinger in Modedingen nicht das Schlechteste nachsagen. Immerhin trägt er Sonnenbrilen von Gucci und Schuhe von Prada.

Für Falter 03/2006

Style Academy ::: Ostia

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Zugegeben. Gerade ist Weihnachten und wir haben andere Sorgen. Der Tsunami läutert uns
mit einem Einjahresjubiläum, Papst Ratzinger friert sich einen Frieden ab in seinem
ungeheizten Zellentrakt in Castelgandolfo und langsam gehen die Vorräte zu Ende in den
Kühlschränken von Freiland.
Umso mehr interessiert uns dieses Paar aus dem Oktober 2002.
Ostia.
Der grosse lange Strand vor den Toren Roms. Da fährt man mit
der Bahn hin, mit roten Schirmmützen, knallgrünen Bikinis, roten
Taschen und knappen Slipbadehosen aus den 70ern.
Gelesen wird stehend,
geruht knieend.
Minimalistischer Machismo
in Vollendung.