Das Geheimnis des Brislers

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 24/2020 am 10. Juni 2020.

Liebe Frau Andrea,
für koordinativ-technisch begabte und versierte Fußballspieler werden in der Umgangssprache oft Termini technici wie Techniker, Zehner, Ballesterer, Zangler oder Brisler verwendet. Mich persönlich würde die Herkunft des Begriffes „Brisler“ interessieren.
Ich bitte Sie um Aufklärung. Mit freundlichen Grüßen
Johannes Uhlig, per Email, vom iPhone gesendet

Lieber Johannes,

der Fußballplatz ist ein Ort tiefsten und sehr speziellen Wienerisch‘. Begriffe wie „Techniker“ und „Ballesterer“ sollten uns keine Erklärungsmühe bereiten. Als „Zehner“ versteht man auch außerhalb Wiens den Spielmacher, benannt nach der Rückennummer vieler Spieler auf dieser Position. Der „Zangler“ (von der feinmechanischen Arbeit mit der Zange) ist der trickreiche Dribbler. Der „Brisler“ oder „Brisist“ ist der geschickte Könner, der strategisch kluge Spieler. Ist doch im Wienerischen der „Bris“ die Ahnung, vom französischen „compris“, dem Partizip Perfekt von „comprendre“, verstehen. Der Brisler ist also der Versteher, wienerisch „Gneißer“.

Aus dem Reichtum hiesiger Kickerbezeichnungen wollen wir noch ein paar andere vorstellen. So den in der Verteidigung amtierenden „Außenpracker“ (von Pracker, Teppichklopfer), den langsam (wie im Freibad) spielenden „Badkicker“; den „Blinden“ ohne Übersicht, und den „Blosshapperten“, den schwachen, quasi ohne Schuhwerk antretenden Fußballer vom Land. Als „Eiergoalie“ oder „Fliagnfanger“ versteht man den blamablen Torwart, als „Federant“ den ängstlichen Spieler, als „Fiedler“ den blendenden Techniker, als „Furchler“ den Mittelfeldspieler, der am Spielfeld brav die Furchen zieht. Die „Gwandlaus“ ist der schwer abzuschüttelnde Manndecker, der „Holzgschnitzte“ der unbegabte, oft überharter Spieler, „Hydrant“ ist der leicht zu Überspielende, „Kammerdiener“ einer mit dünnen Beinen, „Kuah“ ein Untalentierter. Der „Nagler“ gibt scharfe Schüsse ab, der „Sauser“ stürmt am Flügel. „Stehgeiger“ bezeichnet den einsatzschwachen Spieler, „Wadlbeißer“ den zähen Manndecker. Der „Zamschneider“ ist der überhart Spielende, „Zauberer“ schließlich der magisch begabte Artist, der gerne die launische Diva gibt.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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