Donald allein zu Haus

Ein findiger Twitter-Kurznachrichten-Autor hat experimentellerweise Tweets des amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten als eigene veröffentlicht und wurde 68 Stunden später gesperrt. Allerdings nicht wegen Diebstahls geistigen Eigentums oder Präsidenten-Plagiierens, sondern simpel wegen Gewaltverherrlichung. Trumps Original-Tweets sind weiterhin online und werden von 81,6 Millionen Abonnenten konsumiert.

Das Hippster-Sprichwort, Realität und Satire seien heutzutage nicht mehr von einander unterscheidbar, hat (zumindest für Twitter) seine Gültigkeit verloren. Es gilt der römisch-imperiale Befund: Quod licet Jovi, non licet bovi. Was Jupiter darf, darf der Ochse nicht. Bliebe einzuwenden, dass sich Donald J. Trump nur irrigerweise für ersteren halte.

Dies zu sagen wäre hinwiederum ganz und gar nicht verboten, selbst im Land der unbegrenzten Möglichkeiten nicht, wird die Redefreiheit (the freedom of speech) doch von der Verfassung der USA garantiert. Im Gegensatz zur Meinungsfreiheit erlaubt die Redefreiheit auch unwahre Tatsachenbehauptungen. Twitters Redefreiheit, Trumps Tweets als unwahre Tatsachenbehauptungen zu markieren, erzürnte den Regenten (Twittername @realDonaldTrump) bis zur Weißglut. In einem Akt bizarrster Dialektik kündigte der Mann im Weißen Haus an, sein Lieblingsspielzeug überhaupt abzudrehen.

Die Message-controllierte österreichische Öffentlichkeit würde an dieser Stelle zur Besinnung rufen und mit aller gebotenen Deutlichkeit sagen: Oida. Hast du keine anderen Sorgen?

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 6. Juni 2020.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert