Ghames aus Kamm und Kammer

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 17/2019 zum 24.4.2019.

Liebe Frau Andrea,
was bedeutet der Wiener Ausdruck „in der Gham“? Eventuell Erinnerung?
Danke für Ihre Rückantwort. Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Schmidhammer, per Email

Lieber Thomas,

Sie haben so recht wie unrecht. Während Sie die „Gham“ völlig richtig schreiben, irren Sie semantisch. Ist doch die Erinnerung im Wienerischen, falls sie schnell eintritt, das Eischiassn (Einschießen), im Regelfall aber das Darinnan, (D)erinnern. Eine Begrifflichkeit, die sehr nahe am Darodn, (D)erraten und Darennan, (D)errennen, dem rechtzeitig Erreichen liegt.

Zurück zu unserem Ausdruck. Woher kommt er und was bedeutet er? Die Gham, ausgesprochen in etwa wie das „kam“ in „er kam, sah und siegte“, ist, ganz prosaisch: das G(e)heime. „In der Gham“, die Form, die Sie in Ihrer Frage produzieren, bedeutet soviel, wie: „im Geheimen“. Im Rotlichtmilieu ist der Ghame der Geheimpolizist. Auch wenn er sich ausserhalb der Gham bewegt. Ganz anderer Herkunft ist „der“ Kham, der hautförmige Schimmel auf gegorenen Flüssigkeiten. Er kommt von frühromanischem *cana (Schmutzschicht auf Wein).

Die Gham mag Bedeutungsverstärkung durch die (nicht mit ihr verwandte) Kammer erfahren haben, sie kommt von der lateinischen camera, dem (kleinen) Zimmer mit gewölbter Decke, entlehnt vom griechischen kamára, Gewölbe. Sie wird im Wienerischen allerdings „Komma“ ausgesprochen, mit einem Vokal zwischen „a“ und o“, ihr Diminuitiv, das Kammal (Kammerl) hingegen „Kammal“ mit breitem „a“. Nicht genug dieser Verwirrungen fällt uns noch der Kamm ein, im Wienerischen „Kampl“ bezeichnet. Kamped (gekampelt, gekämmt) und gschneidsd (geschneuzt) wäre der Ausgeh-Zustand für alle, die aus „da Gham“ ins Öffentliche treten. Den solcherart Verschönerten bezeichnen wir jedoch nicht als „feschen Kampe“ (feschen Kampel), denn der Ausdruck kommt nicht vom gut frisierten Mann, sondern sprachlich und semantisch vom „Kämpen“, dem Kämpfer.

Wir üben den Satz: Da Ghame, a kampeda Kampe, kaud in da Gham vaun Kammal in Kham vaun sein Kampl. (Der Geheimpolizist, ein gekämmter Kämpe, kaut in der Heimlichkeite des Kämmerchens den Schimmel von seinem Kamm.)

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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