Papst, Ring, Franzis-Kuss

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 18/2014
Liebe Frau Andrea,
letzten Sonntag blieb ich bei der Live-Übertragung der Päpste-Heiligsprechung hängen. Nach der Feier schüttelten die Staatsoberhäupter dem Papst die Hand, manche in Küss-die-Hand-Manier. Ich dachte, Kniefall und das Küssen des Rings seien obligatorisch?
Peter Deigetzer, Leopoldstadt,
per NSA-Archivalie
Lieber Peter,
wir wollen diese Momente in der Erinnerung aufsuchen. Jorge Mario Bergoglio SJ, Bischof von Rom, Stellvertreter Jesu Christi und “Summus Pontifex Ecclesiae Universalis” hatte gerade eben im Beisein seines noch lebenden, aber ins sich gekehrten Vorgängers Dr. Karl Ratzinger die beiden schon verstorbenen Vorgänger-Päpste Roncalli und Wojtyła heilig gesprochen. Im direkten Anschluss an die Sanktifizierungsfeierlichkeit verabschiedete Franziskus eine lange Reihe von Potentaten. Dabei konnte man den aktuellen Stand der vatikanischen Benimmvorschriften beobachten. Lange Zeit hatte die Tradition gegolten, zum Zeichen der Verehrung des Papstes als Nachfolger des Heiligen Petrus vor diesem niederzuknien und dessen Ring, den sogenannten “Fischerring” zu küssen. Benedikt XVI. hatte den Kuss auf den goldenen Siegelring zwar nicht abgeschafft, aber er mochte nicht, dass der Ring mit dem Mund berührt wurde, eine Andeutung reichte ihm. Diese Usance seines Vorgängers behielt Papst Franziskus (als eine der wenigen) bei. Noch Papst Johannes Paul II. hatte anlässlich eines Besuchs von Jörg Haider kein Missfallen daran gefunden, dass dieser nach einem zünftigen Kärntner Handschlag niedergenkniet war und den “anulus piscatoris” leidenschaftlich geküsst hatte. Im Rahmen der modernen Ritualauslegung schüttelte Papa Francesco also den hohen Besuchern schlicht die Hand. Um Handkusswillfahr gleich im Keim zu ersticken, disziplinierte die papale Linke den rechten Oberarm des jeweils Begrüßten. Spanierkönig Juan Carlos gelang so nur eine leichte Verbeugung, während Gattin Sophia erfolgreich einknickte und den Ringkuss anzubringen versuchte. Auch Exkönig Albert II. von Belgien versuchte den Ringkuss. Der Papst musste ihn aus tiefer Faltung ziehen. Der Fürst von Liechtenstein, verbeugte sich in Küssdiehandmanier um Bergolios Ring aus vornehmer Distanz anzuhauchen. Einzig Spindelminister Finanzegger machte alles richtig: Innenstadt-Handschlag und leichtes Nicken des Kopfes. Bravo Spindi!
www.comandantina.com dusl@falter.at

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