Das ewige Spiel

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Für meine ‚Illustrierte Kolumne‘ in den Salzburger Nachrichten vom 25.4.2014
„Die Wege entstehen im Gehen“, konstatierte einst Alfred Gusenbauer in Reflexion auf seine Arbeit als sozialdemokratischer Bundeskanzler. Eine Variante des Sinnspruchs darf als Leitmaxime für die Beschäftigung mit Österreichs größtem Bankenexperiment gelten: „Die Probleme entstehen beim Lösen derselben.“ Die Hypo geht uns alle an. Denn sie gehört uns allen. Beziehungsweise gehören wir allen, denen die Hypo etwas schuldet. So fühlt sich Risiko an, wenn es eintritt. Die Hypo, ihre Krise und die Effekte, die sie auslöst sind ein Lehrstück auch in ästhetischem Scheitern. Schon die Namenswahl war Fanal des Versagens. Hypo, das griechische Wort für „unter“, lautmalerisch, wenn auch nicht inhaltlich verwandt mit dem Hippopotamus, dem Flusspferd. Dazu die Höhen und Untiefen von Alpe und Adria, eine Herausforderung für das Sprachbild: der behäbige (aber gefährliche) Sumpfbewohner, hie unterwegs auf zarter Almwiese und schroffem Fels, da feist torkelnd an den Stränden von Caorle und Bibione und den zerklüfteten Gestaden Postjugoslawiens. Frühes Symbol großen Versagens hätte auch die architektonische Anmutung der Hypo-Zentrale sein müssen – ein verschachtelter Kobel, mehr Oberfläche als Inhalt, schief, verwinkelt, gesichtslos. Gewiss war auch der Namenszusatz „International“ Ausweis jenes provinziellen Unvermögens, das der Hypo-Alpe-Adria (und damit uns) den Hals bricht. Wir sollten dennoch nicht undankbar sein. Jedes Scheitern ist ein Gewinn, jede Krankheit birgt Selbsterfahrung.
Die Hypo ist ein republikgroßes Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel, in dem die Regeln immer wieder neu aufgestellt werden. Eine zentrale Erkenntnis der Spieltheoretiker wird hier massentherapeutisch wirksam. Nicht wir spielen das Spiel, sondern das Spiel spielt uns. Man darf dem früh verstorbenen Heilpädagogen Haider sowie den fliegend wechselnden Klinikchefs (derzeit tätig: die Primarii Faymann und Spindelegger) großen Dank sagen. Eindrücklicher ließe sich die Verwandtschaft von Geld und Verbrechen nicht vermitteln. Im Brecht’schen Sinne: Was ist die Gründung einer Bank gegen die Abwicklung einer Bank?

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