Was uns fehlt

Für meine ‚illustrierte Kolumne‘ in den Salzburger Nachrichten Wochenende vom 9.11.2013, Seite VIII.

Wir sitzen im Bus, stehen im Lift und neben uns quasselt jemand mit Überlautstärke ins Handy. Uninteressantes aus dem Büro, Nerviges aus der Beziehungskiste, Medizinisches aus der Körpersaftregion. Die meisten von uns ertragen solche Grenzüberschreitungen mit stoischer Ruhe aber schwer gemeisterter Friedfertigkeit. Jetzt müsste man einen ‘Handyabsteller’ haben! Ein Gerät, das mit Funksignalen oder anderem unsichtbaren Zauber das gegnerische Handy einfach abdreht. Gibt es. Den Handyabsteller. Leider ist sein Betrieb illegal. Wir stehen im Stau, vor der ewig roten Ampel. Wäre jetzt nicht ein Grün-Umschalter die Rettung? Haben Sie nicht schon oft ein Gerät vermisst und insgeheim ausgerufen: “Das müsste man haben!” Den Akku, der nie leer wird? Den verlegten Schlüsselbund, der sich auf Zuruf meldet? Die Rückstelltaste an jedem Gerät! Einen Undo-Knopf an der Waschmaschine, in der eine rote Socke alles rosa gefärbt hat! Oder einen an der Kaffeemaschine, wo gerade alles neben die Tasse gelaufen ist.

Haben sie nicht auch schon oft den falschen Schraubenzieher zur richtigen Schraube gehabt? Mit der Zange den Nagel ins Holz geschlagen? Konservendosen mit der Schere geöffnet und eine Schnur mit einem unscharfen Messer zu kappen versucht? Wären selbstdenkende, universalpassende und dauerscharfe Werkzeuge nicht ein Segen für die Menschheit? Ausgenommen von diesen Überlegungen sind die Kubaner. Wer schon mal auf Fidel Castros Zigarreninsel war, wird bestätigen: Kubaner können alles mit allem reparieren. Da sie nicht alles haben, sondern nur weniges, und nicht wenige Probleme haben, sondern alle, ist ihre Fähigkeit des Zangelns mit erfundenen Werkzeugen schlicht pänomenal. Gut, wer ist schon Kubaner! Wir beschränken uns also auf die Welt der Wünsche. Das ist kubanisch genug.

Manche von uns haben ganz andere Sorgen. Ihnen fehlt Fundamentales. Geld, um zu heizen, Versicherungsschutz für neue Zähne, oder schlicht: Ein Dach über dem Kopf. Eine Generalhilfe wäre doch was, ein Menschenaufrichtewerkzeug! Gibt es. Wir müssen es nur anwenden. Es heisst Solidarität.

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