Volksschauspielerinnen und -ler

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 45/2013
Liebe Frau Andrea,
immer wieder wird der Begriff Volksschauspieler/in in den Postillen verstreut. Elfriede Ott und jetzt Brigitte Neumeister. Was macht jemand zum/zur Volksschauspieler/in? Oben genannte haben beide fundierte Ausbildung genossen, sind also nicht auf der Straße entführt und auf die Bühne gestellt worden. Die Beliebtheit? Keiner würde zu Cornelius Obonya Volksschauspieler sagen und auch nicht zu den Hörbiger Schwestern!
 
Ihr treuer Leser
Rainer Jäger, per Email
Lieber Rainer,
es gibt nur unscharfe Begrenzungslinien, die Schauspieler von Volksschauspielern trennen. Der Begriff selbst ist weitgehend ungeschärft und wird meist ungenau verwendet. Ehrungen, runde Geburtstage und das Abbleben gehören zu den Anlässen, die Bezeichnung in Stellung zu bringen. Anders als ‘Kammerschauspieler’ ist ‘Volksschauspieler’ kein Titel. Dennoch gilt es als Auszeichnung, von Kritikern und Chronisten mit der Vokabel bedacht zu werden. Auf Visitenkarten und Türschildern findet sich der Begriff indes nicht. Der Heiligenschein, der den Begriff umstrahlt, ist leicht bewölkt durch die Enge der Möglichkeiten, die dem Volksschauspieler, der Volksschauspielerin zur Verfügung stehen. Der Wortbestandteil ‘Volk’ nimmt Bezug auf die Beliebtheit beim Publikum, mehr aber noch auf die volkstümliche Sprache, derer sich Volksschauspielende bedienen. Ihr Bühnendeutsch ist der breite, oben allerhöchstens am Umgangssprachlichen scheuernde Dialekt. Dieser bindet an die Region und seine theatralischen Möglichkeiten. Seltene Beispiele überregionalen Volksschauspielerns waren der hummelhummelende Hamburger Hans Albers, der grantelnde Wiener Suderant Hans Moser und der Berliner Stehtrinker Harald Juhnke. Bei genauerer Mikroskopie des Begriffs entfällt die Anheftung an die volkstümliche Sprache, wie der künstlich aristokratelnde Peter Weck gezeigt hat. Nicht einmal des Theaters bedarf es, wie im Falle der singenden Poeten André Heller und Hansi Hölzel. In der Regel haben Volksschauspieler ihre wenigen schauspielerischen Möglichkeiten bist zur Schmerzgrenze verdichtet und ihren Typus bis zur Kenntklichkeit entstellt. Sie spielen im wesentlichen immer sich selbst. Egal in welcher Rolle. Diesen Vorwurf konnte und kann man gegen Brigitte Neumeister selig nicht erheben.
www.comandantina.com dusl@falter.at

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