Uhudlereien

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 42/20122200 Netto
Liebe Frau Andrea,
neulich sassen wir in illuminierter Runde beisammen, um die Gehaltserhöhung von vier Kollegen zu feiern. Wir tranken diverse Selbergebrannte. Dabei kam eine Diskussion über Fusel auf und schliesslich eine über den Uhudler, von dem es heisst, er sei nicht ganz ungefährlich? Und woher kommt der seltsame Name?
Mit uhudelnden Grüßen
Ihr Gerhard Heinze, per Email
Lieber Gerhard,
Uhudler ist ein legendärer Wein aus dem Südburgenland. Je nach Zusammensetzung der Cuvées, die allesamt aus nordamerikanischen Direktträgern gekeltert werden – den roten Trauben der Sorten Concord und Ripatella und den weissen der Sorten Elvira, Noah und Delaware – variieren Farbe und Geschmack. Die Ududler-Farbpalette reicht vom blassen Strohgelb über zartes Lippenrosa, Zwiebelschale, helles Kischrot bis zu Ziegelrot. Der Uhudler kann gar nach Erdbeeren, Ribisel, Himbeeren duften. Und den berühmten Foxton haben, den Geruch nach nassen Fuchsfell. Sein Geschmack entwickelt einen erdigen Ton und bisweilen eine eigenwillig süßliche, fast aufdringliche Erdbeernote. Die grosse Zeit des Uhudlers beginnt etwa 1870, mit dem grossen Reblausbefall, der die europäischen Weinsorten vernichtete. Wein konnte nur mehr aus reblausresitenten amerikanischen Direktträgern und deren Kreuzungen gekeltert werden. Der unverwüstliche Ududler überlebte die Einführung der Reb-Veredelung von Amerikanerreben mit früchtetragenden Europäerreben. Der Provinzwein hatte bald den Ruf der Rabiatperle und des Heckenkleschers. Aufgrund des höheren Pektingehaltes der Früchte wurde ihm (zu Unrecht) blindmachender Methanolgehalt nachgesagt. Der glühende Nationalsozialist Prof. Zweigelt von der Weinbauschule Klosterneuburg verurteilte den Uhudler: „Die Menschen sehen nach dem Genuss wie Uhus aus, (…) auch werden die deutschen Tugenden Arbeitsamkeit und Kinderreichtum im Uhudlerrausch aufgeweicht und die deutsche Manneskraft zerstört.“ Erst 1992 wurde das Uhudlertrinken wieder legalisiert. Seinen Namen hat der Uhudler nicht, wie Zweigelt insinuierte, vom kleinen Uhu, dem Uhudl, sondern sehr wahrscheinlich von tönernen Krug, dem Plutzer, lokal “Udler” genannt. Und vom schnellen Trinken des Weins, vom Hudeln. Nicht vergessen sei deshalb die alte burgenländische Weisheit: “Vom Uhudeln kommen die Kinder”.
www.comandantina.com dusl@falter.at

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