Oberetscher Österreichwetter

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 18/2011
Liebe Frau Andrea,
in den Visualisierungen der Fernseh-Wettervorhersagen des ORF werden die Bildsymbole nicht nur innerhalb des Staatsgebiets der Republik Österreich gezeigt, sondern auch außerhalb. Und zwar dort – und nur dort – wo kartographisch die italienische Region Trentino-Alto Adige / Trentino-Südtirol einzusetzen wäre. Wissen Sie, warum?
 
Walter Stach, Laimgrube, per Bernsteinfunkennachricht
ORF-Wetter-In-Oberetsch.jpgLieber Walter,
die Wetterkarten des ORF zeigen tatsächlich Meteorologos, die das Bundesgebiet verlassen. So bestrahlt die Waldviertler Sonne die südlichsten Gebiete Böhmens, die Salzburger und Vorarlberger Wolken beschatten Grenzregionen in Bayern, der Schweiz und stets ganz Liechtenstein. Diese Grenzüberschreitungen sind graphischer Natur. Anders verhält es sich mit Sonne und Wolken südlich des Brenners. Sie sind ganz eindeutig ausserhalb Österreichs platziert. Bildsprachlich weisen sie auf das mehrheitlich deutschsprachige Südtirol hin, das amtlicherseits als “Provincia Autonoma di Bolzano – Alto Adige” beziehungsweise als “Autonome Provinz Bozen – Südtirol” bekannt ist. Die Südtiroler Ladiner, denen ich mich familiengeschichtlich zugehörig fühle, nennen das Gebiet “Provinzia Autonóma de Bulsan – Südtirol”. Der italienische Begriff Alto Adige (Oberetsch) leitet sich vom französischen Haut-Adige ab, ein Toponym, das Napoleon Bonaparte einführte, nachdem er den Habsburgern Tirol abgenommen hatte. Am 3. November 1918, dem Tag des Waffenstillstands nach dem Ersten Weltkrieg wurde das längst wieder habsburgische Südtirol von italienischen Truppen besetzt und im Herbst 1919 im Vertrag von Saint-Germain Italien zugesprochen. Verwaltungstechnisch ist Südtirol mit der autonomen Provinz Trient-Trentino (dem ehemaligen Welschtirol) in der italienischen Region Trentino-Südtirol zusammengefasst, seit den Sechzigerjahren tritt Österreich als Schutzmacht Südtirols auf. 1967 wird Hannes Hauser ORF-Intendant für Tirol und bezeichnet in seiner Antrittsrede als Ziel des ORF, dessen Programme in Südtirol verfügbar zu machen. 1974 wird in Bozen ein ORF-Büro eröffnet, 1988 beginnt der ORF mit dem Betrieb des Lokalfernsehen südlich des Brenners. Die Wettersymbole machen mit. Come rain, come shine.
www.comandantina.com dusl@falter.at
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Am 13.05.2011 um 11:10 schrieb Rudolf Nagiller:
Liebe Frau Dusl,
soeben las ich ihre Kolumne, in der Sie die Frage eines Lesers beantworteten, warum auf der ORF-Wetterkarte auch Südtirol berücksichtigt wird. In Ihrem Satz mit ORF-Landesintendant Hans Hauser (bis 1986) deuten Sie die Antwort zwar an, in den darauf folgenden Sätzen führen Sie jedoch wieder von ihr weg.
Richtig ist: Über das Sendernetz einer Tochtergesellschaft der Südtiroler Landesregierung (RAS), verbreitet der ORF seit den siebziger Jahren seine Programme auf Wunsch des Landes und abgesichert durch internationale Verträge auch in Südtirol. Anders als alle anderen Hörer und Seher jenseits der Grenzen rund um Österreich sind die Südtiroler also nicht nur Zaungäste der ORF-Programme sondern offiziell intendierte Kunden. Somit ist es logisch, dass diese auch die Wetterprognosen für ihre Region mitgeliefert bekommen (ich denke, nicht immer zur reinen Freude der nördlich des Alpenhauptkammes wohnenden Österreicher).
Mit den von Ihnen angeführten Gründen hat das praktisch nichts zu tun. Das ORF-Büro Bozen wurde nicht zur technischen Programmverbreitung südlich des Brenners sondern zur Berichterstattung von Südtirol nach Österreich eingerichtet. Der ORF unterhält ja auch Auslandsbüros in Kairo, Washington, Peking und in einer Reihe weiterer Städte; dennoch werden Sie auf seiner Wetterkarte keine Symbole für diese Länder finden. Seit Ende der neunziger Jahre (und nicht seit 1988, wie sie schreiben) produziert das Büro Bozen auch ein TV-Lokalprogramm für Südtirol, das aber in Österreich ausgenommen Tirol nicht zu sehen ist. Auch das hat logischerweise null Einfluss auf die ZiB-Wetterkarten.
Freundliche Grüße,
Rudolf Nagiller,
(Nachfolger Hans Hausers von 1986 bis 1990 … und so wie offenbar auch Sie mit ladinischen Vorfahren: Mein Familienname ist laut Schlern-Schriften ein eingedeutschter ladinischer Hofname.)
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Lieber Herr Nagiller,
vielen Dank für die Aufklärung über das Südtirolbüro des ORF!
Beste Grüsse,
AMD

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