Magic Christian

Vorgestern bin ich im südöstlichsten Zipfel von Österreich einem Zauberer begegnet. Die magische Begegnung der schwimmenden Art fand im Sportbecken der Therme Bad Radkersburg statt.

Magic Christian.jpgIn Bad Radkersburg, einem kleinen, trotz der Nähe zum Balkan von schwäbischer Sauberkeit infiziertem steirischen Städtchen war ich zugegen, um meine Mutter zu besuchen. Meine arme Mama hat sich nämlich vor ein paar Wochen bei einem Heurigenunfall die Hüfte gebrochen und gleich auch noch den Arm. Und weil der Unfall in der Steiermark passiert ist, wird sowas gleich auch in der Steiermark behandelt. Aus therapeutischen Gründen kurt sie also in dem kulturtechnisch verschlafenen, mit Vital-Hotels und Wohlfühlepensionen aber durchaus reich gesegneten Nest.

Am Rande des blankgeputzen Ortschaft, zwischen Gen-Mais-Feldern und dem Grenzfluss zu Slowenien, der malerischen Mur, befindet sich das, in der postmodernen Eleganz des späten Raiffeisenstils errichtete Erlebnisbad. Es wird von thermischem Stinkewasser gespeist, das dort eher zufällig, bei einer ansonsten vergeblichen Erdölbohrung gefunden wurde.

In solchen Fällen von Kohlenwasserstoff-Förderdesastern wird in Schnitzelland nicht lange gefackelt: Statt Ölfördertürmen und Pipelines werden eben Wellnesshäuser und Thermalschwimmbäder aus dem Boden gestampft.

Wenn das Wasser aus der Tiefe dann auch noch mit unterirdischen Stoffen belastet ist und sich damit nicht zur Abfüllung in Mineralwasserflaschen eignet, nennt man es Thermalheilwasser. Stets ist die Brühe nämlich bacherlwarm, wie das in Österreich so schön heisst, also warm wie ‚Pisse‘.
Dort war ich also, um meine rekonvaleszente Mama zu besuchen.
In Bad Radkersburg.

Vorgestern abend nun beschloss ich, der therapeutischen Anlage einen Besuch abzustatten, um im dortigen Sportbecken ein paar Dutzend Längen runterzukurbeln.

Bei Länge 7, auf der Reise vom östliche Teil in den westlichen Teil des Pools kam er mir entgegen. Die Sonne war schon tief in den pannonischen Horizont gerutscht und schickte sich an, hinter dem 2-Meter-Sprungturm zu verrosten, als die Paparazzierung geschah.
Erst sah ich eine babypofarbene, gut durchblutete, von kurzem blondem Resthaar umspielte Glatze.

Dann, einer schüchternen Katzenhaifinne nicht unähnlich, die Nase des Magiers. Die Nase mit dem magicchristanösen kleinen Höcker. So einem Höcker wie sie Boxer haben, die als junge Knilche welche auf die Nase gekommen haben, es aber boxtechnisch dann doch nicht bis in die Rosenkohlohrenfraktion geschafft haben.

Nach der Nase, schon im seitlichen Vorbeischwimmen, sah ich dann den ganzen Kopf. Und mein Verdacht, der sich schon vom Anblick der sportlichen Nase genährt hatte, bestätigte sich:

Hier schwamm Magic Christian, der grösste Zauberkünstler des Landes, rücklings, mit der Magier-Glatze voran, schnaubend wie ein altes Fischerboot, Reste von Eleganz im Kielwasser hinter sich her ziehend. Ein Schwarm Mücken folgte dem grossen Magier wie Möven einem norwegischen Fischstäbchen-Trawler.

Hier schwamm Magic Christian, der – kollegentechnisch nicht unbedenklich – enthüllte, wie Uri Geller Löffel und Gabel, ja ganze Besteckladen verbiegt, Armbanduhren fernnündlich zum Gehen bringt, und der dahinter kam, wie phillipinische Zaubermediziner ganz ohne Narkose und Skalpell himbeersaftfarbene Tempotaschentüchern aus Tumorpatienten operieren…

Magic Christian, der vier Asse so leicht aus dem Ärmel zieht wie unsereins einen Strohhalm aus dem Eiskaffee.

Und wie er da so schwamm, zauberisch eine kleine thermale Bugwelle vor sich her schiebend, dachte ich, ob er wohl für mich ein Häschchen aus seiner Schwimmhose zaubern könnte, so mit links oder ob es im Thermalbad nicht wohl eher ein kleiner weisser Biber sein müsste…
© Andrea Maria Dusl

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