Zwilautsex

Falter 32/2001 vom 08.08.2001.

Liebe Frau Andrea,

kürzlich vernahm ich den Begriff “Tiefdong” beim Belauschen eines Gesprächs in der Tramway. Hat dieses Wort mit Sex zu tun?

Günther Poidinger, Neubau

Lieber Günther Poidinger,

sie sollen doch nicht Lauschen! Vom Lauschen werden Sie nur verwirrt. Da ich nicht annehme, dass ich in ihrer schmackhaften Frage auf den Kern eines seichten Herrenwitzes beisse, will ich mal annehmen, sie haben tatsächlich gehört, was sie berichten. Ein Tiefdong ist mir aus der Anatomie nicht bekannt, sehr wohl aber aus der Linguistik. Dort schreibt sich der Begriff allerdings “Diphtong”. Damit bezeichnen die Sprachwissenschafter einen, aus zwei Vokalen gebildeten Laut. Der Begriff kam über das lateinische Wort diphtongus aus dem griechischen díphtoggos, soviel wie “zweimal tönend” zu uns. Diphtonge stecken in vielen vielen Begriffen. An Sex würde ich vorrangig nicht denken wollen. Auch Kollege Kralicek runzelt die Stirn. Wahrscheinlicher ist, dass sie Styrologen, den Wissenschaftern die sich der Erforschung des Steirischen widmen, gelauscht haben. In der Sprache Schwarzeneggers wimmelt es nur so von Diphtongen. Lebendigstes Beispiel für Zwi- und Mehrlautverliebtheit sind die Obersteirer. Wo ein normaler Deuschsprachiger gross sagen würde, mit einem langen, gesunden o, greift der Obersteirer tief in sein vokalexperimentales Schatzkästlein und bezeichnet alles nichtkleine als graouss. Absolutes Spitzenleistung auf dem Gebiet der Polyphtongierung ist das Verwenden sämtlicher, ja sie lesen richtig, Günther, sämtlicher Vokale des Alphabets. Die obersteirische Murmetropole wird von Einheimischen Laiouben ausgesprochen.

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