Salzburger Wünsche für 2023

Mit den Wünschen ist es so eine Sache. Bescheidenheit soll die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung verbessern. Kurz: Man wünsche sich nicht zu viel. Andere wieder sagen, man solle überschießend wünschen, um ein besseres Verhandlungsergebnis zu erzielen. Aber sind Wünsche verhandelbar? Wie auch immer, ich wünsche mir für 2023:

a) Die Wiedervereinigung von Zukunft und Glück, b) die Umverteilung von Oben nach Unten, c) die Trennung von Staat und Bosheit, d) ein Musikgedudelverbot in Gaststätten und Geschäften, e) das Ende der Pandemie, f) öfter am Meer zu sitzen, g bis z) Frieden.

Andrea Maria Dusl. Für die Silvesterausgabe der Salzburger Nachrichten am 31. Dezember 2022.

Extrawurst

Österreich ist gänzlich frei von Privilegien. Niemand profitiert von Sonderkonditionen oder anderen Besserstellungen. Wer hierzulande über der Norm behandelt wird (oder solches begehrt), bekommt eine Extrawurst. Dabei ist Extrawurst nicht Extrawurst. Das Wesen der Extrawurst liegt in seiner Exklusivität. Und in seiner individuellen Paßgenauigkeit.

Aber schon der Name der Sonderwurst sorgt für Missverständnisse. Während das deutschsprachige Ausland die Extrawurst als jenes Brätwerk versteht, das man, außertourlich gebraten bekommt, kennt man im Land der Berge die Extrawurst eigentlich als Volksnahrungsmittel aus der Wurstvitrine. Im Biedermeier als Preßburger bekannt, hatte sie sukzessive an Qualität und Beliebtheit eingebüsst. In wiederhergestellter Rezeptur musste ein neuer Name her: Extrawurst. Ungarn und Italiener hatten ihre Salamis, Bayern die Weißwurst und jetzt hatte auch Österreich eine Nationalwurst. Sie wird unter diesem Namen ausschließlich im Inland angeboten, jenseits unserer Grenzen heißt sie Lyoner.

Seit Jahrzehnten werden Lehrlinge im Rahmen des Wurstemmelholens im Extrawurstbestellen geschult. Blassrosa, leicht schwitzend muss die Einlage ins Kaisersemmerl sein, dünngeschnitten wie Magazinpapier, in ungerader Blattzahl eingelegt, bedeckt mit einem Gurkerlspan, reich aus der Semmel lappend. Österreichweit verbindet sich mit dieser Spezialität das Bild hierarichischer Überlegenheit. Als Beamtenforelle wurde ihre Spielart „Knacker“ im Ärarischen legendär, jenes fingerspannlange Schreibtischgericht, das Staatsdienern alter Schule über den Tagesmittelpunkt hilft.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 14. Mai 2022.