Ungarische Gedichten

Fritz Herzmanovsky-Orlando
Ungarische Gedichten

via Residenz zehnbändige Ausgabe: Erzählungen pag. 193; Rout am Fliegenden Holländer pagg. 89, 300, 301; Hamlet der der Osterhase 252.

Auf der Wiese, grün und klotzig
kleines Baum gewaxen hot sich.
Immer blau ist sein Gesicht
Wie er haißt – das weiß ich nicht.

Übergetitelt: Der Veilchen


Haiffig wird das Ungar Reiber
Alles stiehlt er nur nicht Waiber
Weil dies für Kavalier ist Szind
Und auch bitte! Wegen Kind!


Der Ungar von Kecskemét
ist gerne gegen Damen nett
Sind Damen aber bitte schiech
dann wird der Huszar bitte viech.


Der erwachte Löw blickt wild
und ganz entsetzlich ist sein Bild
Ein Aug ist rot der andere grün
ganz wie bei groszer Dampfer Wien


Zwei Dampfer auf dem Flusse Theiss
die panschten mühsam durch den Scheiss


RaFH

Auf der Puszta steht ein Haus
Jud ist sein Besitzer,
Mädel schaut zum Fenster raus:
Aranka… Aranka… Spitzer…

Übergetitetlt Szónnenaufgang auf der Pustza


Äinsz und Äinsz ist zwäi.
Dieszesz und noch mancherlei
Lehrt dasz Lehrer säinen Kindern
Um den Dummheit zu vermindern.

Übergetitelt: Dasz technischer Hoch-Schule.


Rosí féhrt am Stróssenbohn,
Laczy bietet Plótz ihr on,
Fénstérplótz jetzt hót sie –
Taschel hot dér Laczy.

Übergetitelt: En gutär Mónn von gutär Érziehung.


Wie der Kater hinter Mäusen
in der Nocht auf Dach von Häusen
schleicht sich Miklosch läise hin
zu dem Bett vom Schwägerin

Übergetitelt. Das Bruderliebe


Wie der Kater über Dachen
Schleicht sich Miklos, ize, száchen,
leise, leise, leise hin
Zu das Bett von Schwägerin.

Übergetitelt. Das Bruderliebe


Wie der Kater auf die Dachen
schleicht im Mondenschein, ize – sachen
Leise, leise, Miklosch hin
Zu das Bett von Schwägerin


Verszión AMD:

Wie der Koter hinter Mäusen
leise auf der Doch von Häusen,
schleicht sich Miklosch szochte hin
zu dem Bett dér Schwägerin

Übergetitelt: Das Bruderliebe


Vór där Villa grósz und prótzig,
Baum hot sich gewochsen klotzig,
hímmelblau von Óngesicht,
Sain Nómen ist Vergiszménicht.


Pál und Pista tummeln Rösser,
Sandor-Batschi wirft mit Mésser
Ilonka beliebt zu huren,
und auf Jud schiesst das Panduren.

Übergetitelt: Szóntagnachmittag auf dér Puszta.


Ormes Mädel friert und werkelt.
An der Strossenecke sitzt sie.
Pischta zahlt ihre äinen Pörkelt
Und benützt sie.

Übergetitelt: Das christliche Bármherzigkeit.


Die Ungarische Schöpfungsgeschichte

Peter Hammerschlag (1902-1942)

In Anfang war – das ist bestimmt –
DER WORT. Auf griechisch: Logosch.
In Weltmeer ist herumgeschwimmt
Die Ur-Getier, das Fogosch.

Gewackelt hat das ganze Welt.
Daß Wind sie nicht davonweht,
Hat rechts und links Gott aufgestellt
Zwei dicke, schöne Honvéd.

Was hat dann Gott zuerst getan?
Den Affen, ohne Frage.
Orangutan és Délután [=Nachmittag],
Was habn gemacht die Tage.

Das Adam hat er dann gebaut,
Den alten Hendlfanger,
Was Eva hat gekriegt zu Braut
Auf eine grüne Anger.

Die Luft war kék [=blau], der Gras war zöld [=grün]
Für aller Tiere Magen
Doch dann hat auf dem Angyalföld [=Engelsfeld]
Der Kain den … Izé erschlagen. [=Dingsda]

Da hat das liebe Gott gepfeift,
Hat sich gebäumt der Máros,
Und mit der Sintflut hat ersäuft
Das ganze Lipotváros [=Leopoldstadt].

Wie Erde bissel trocken war,
Hat angefangt zu reiten
Held Attila mit Hunnenschar,
Um Kultur zu verbreiten.

Erst hat gegründet Ungarland,
Dann Rom, Athen és Kréta,
Und alle Menschen, was bekannt,
Sind nachgekommen späta.

In Papyrúsch man liest seit je –
Nur leider ging verloren – ,
Daß Kleopatra Kiralyné
In Kispest war geboren.

Magyarisch war Literatur,
Von angefangen Psalter
Bis Cató, Plautusch, Terencz-ûr
Und Vogelbácsi Walther.

Auch dürfen wir vergessen nie
Das größte Kolorierer:
Berühmter Müvész Ajtossi,
Was Schwaben rufen „Dürer“. [Ajto = Tür, Ajtossi = Türer]

Jedoch der größeste Magyar
War Goethe-János, bitte.
Weil er aus Nagy-Weimárosch war,
Wo herrschte Ungarsitte.

Und hätt sich Welt beleuchtet? Nie!
Elektrisch wär erloschen,
Wenn hätten Vólta, Galványi
Kein Licht gemacht aus Froschen.

Denn jeder große Mann mit „i“
Ist ein Magyar gewesen.
Bei Górki, Gándhi, Márkonyi
Kann man das selber lesen.

Und wenn ein Stadt hat „a“ und „o“,
War Ungar Urbewohner:
Kálkutta, Prága, Kárthagó,
Tókio és Veróna.

Und was wär Wien? Wien wär für Katz!
Szent István hat gegründet
Auf István-tér den Stephansplatz,
Weil Mitleid hat empfindet.

Wann vier Zigeuner – schon gezähmt –
Mit Geige sich versammeln,
Man hat sie gleich nach Wien genehmt
Und hat genannt sie „Schrammeln“.

Womit auf Wiener Kunst ich komm –
Wer war ihr Kindesvater?
Das war der Molnár-Liliom!
Was baute Burgtheater.

Wo leichte Kunst sich bettete,
Macht stets Magyar das Lager,
Und Operette rettete
Der ungarische Schlager.

So werden wir, baratocs kam [=mein Freundchen]
Das Wiener Erbe wahren.
Denn Kálmán, Lehár, Abrahám
Stehn Wacht wie drei Husaren!

Ungarherz muss vieles leiden,
Steht in Hintergrund bescheiden,
Aber zupft sich kleines Lied auf Zither:
EXTRA HUNGARIAM NON ESCHT VITA!


Alla lalla tattaralla! Brüllt das Löw
und streckt den Glieder,
blicket wild und streicht den Schnurrbort
und dann legt das Löw sich wieder nieder.


 

Niémetz Lenau Ferencz Miklos
via Jugend 1902 Seite 597
Lenau Miklos

Ein Vollblutmagyare schickte uns die nachfolgenden
„Schilflieder“ des neuentdeckten magyarischen Dichters
Lenau Miklos, die wir mit Vergnügen zur Kenntnis
unserer Leser bringen.

 

I.

Drüben untergeht bei Schwoben
Sonne! Laider! Dann ist Nocht…
Kann mon helfen nix! Wir hoben
Ober Sonne, wann erwocht!

Sonne kommt von Ungar immer
Erst zu Schwob, das ist ja klar
Und ist auch Verwais doss immer
Ungar etwas heller wor!

Wos main tiefes stilles Leben
Als wie Sonne drum durchbricht,
Ist: Der Schwob kann mir nie geben!
Ungor gibt der Welt das Licht!

Lenau Miklos

 

II.

Trübe wird, die Wolken jogen,
Haite regnet jedenfolls;
No, kann Ungor No? vertrogen,
Gonz besonders – auch im Hols!

Auch das Wäizen und das Hober
Lieben Noß! Und noß gedeihn
Olle Ungarisches – ober:
Gonz besonders! – auch dos Schwain!

Lenau Miklos

 

III.

Auf gehaimem Waldespfode
Schlaich‘ ich gern in Obendschain;
Denn viellaicht, wann hob‘ ich Gnode,
Schieß‘ ich Wildsau, fett und Fain!

Jogdherr sitzt ja während diesem
Drin in Pesth und Budawar!
Hát! Wer Soll denn Schweindl schießen,
Wann nicht broves Wilddieb war‘?

Und ich maine, hör ich brechen
Bissel wos schon duch Gestraich…
Teiofel! Dos sind Schwaine-Zehen!
Eljen Sau! Verschieß‘ ich glaich

Lenau Miklos

 

IV.

Sonne druckt sich rasch!
Schworzes Wolkerl ziegt
Grod als wann Goulasz
Schworz auf Teller liegt.

Zwischen Wolken so
Roth erschaint das Blitz
Als wie Papriko
Zwischen Goulasz-Schnitz.

Und es fohrt Orkan
Durch dos Himmel auch
Grod wie Goulasz dann
Fohrt herum in Bauch

Lenau Miklos

 

V.

In dos Daich, das regungslose,
Schaugt dos ungorische Mond,
Glaichsam steckend saine Nose
In ain Glos – ist so gewohnt!

Wondelt Hirsch vorbei on Higerl,
Schlégt Geweih wie Engel Fligel
Nocht ist etwas dunkel zwor,
Ober Hirsch ist stolz wie Gigerl –
Hirsch ist eben: Mogyor!

Wann ich seh dos, muß ich sogen:
Dos ist scheen! Teremtete!
Dos geht Ainem durch den Mogen
Wie ain haißer Nochtcoffee!

Niémetz Lenau Ferencz Miklos

5 Gedanken zu „Ungarische Gedichten“

  1. Herrliche Texte! Vielen Dank!
    Die o.g. kenne ich durch meinen Vater (geb. 1925), der sie als junger Bursche im Lazarett von einem Bettnachbarn lernte und sein Leben lang gern rezitierte.
    Wir kannten bislang nicht den Verfasser. Dank Ihrer Arbeit können wir Fritz Herzmanovsky-Orlando nun noch weiter kennenlernen!

  2. Ich habe in dem Gedichtband „Die Wüste ist aus gelbem Mehl“ eine abweichende Fassung der ungarischen Schöpfungsgeschichte gefunden.Diese ist etwas länger, und manche Verse sind etwas anders.
    Mir ist aber bekannt, daß Torberg die Gedichte von Peter Hammerschlag editiert hat. Das von mir erwähnte Werk aus dem Zsolnay-Verlag behauptet jedoch, die Originals abzudrucken.
    Nun kann man trefflich streiten, welche nun die ‚richtigen‘ Fassungen sind. Mir erscheint der Hinweis auf die Alternativen jedenfalls angebracht.

    1. https://www.seniorenportal.de/seniorentreff/de/diskussion/threads4/thread1620.php
      Es schrieb dort „Aristoteles“ am 16.12.2007 (18:56):

      Hallo liebes Forum!
      Ich suche einen Autor zu folgenden Gedichten:

      Scheen ist’s wenn’s im Grase liegt,
      bees, wenn’s um de Fresse fliegt.
      Iberschrift: Dem Granate!

      Wie sich Wasser aus Oase
      Wie sich Rotz fließt aus der Nase
      also fließt der Mainstrom sich
      in den Rhein bei Bieberich.
      Iberschrift: Dem Geographie!

      Iber Dächer iber Häuser
      schleicht sich Kater, leise leiser.
      Leise schleicht sich Fridolin
      in dem Bett von Schwägerin!
      Iberschrift: Dem Bruderliebe!

      Der Frihling naht mit Dampfer,
      mit süßem Sauerampfer,
      die A- und andere Meisen,
      se singen ihre Weisen,
      und se legen Ei bei Ei –
      oder meinst ned?

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