Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 18/2025 vom 30. April 2025
Liebe Frau Andrea,
in unserer Jugendzeit haben wir davon gesprochen, dass ein Fußballspieler ein Fassadl habe, wenn er gut in Form sei und gut spiele. Welchen Hintergrund hat dieser Begriff?
Ich bitte Sie um Aufklärung und bedanke mich vorab sehr herzlich!
Johannes Uhlig, per E-Mail
Lieber Dottore,
die österreichische Kickersprache ist voller Poesie und überzeugender Metaphern. Spieler werden als Zangler, Brisler (Versteher, von französisch „compris“), Außenpracker, Badkicker, Ballesterer, Blinde, Eiergoalie oder Fliagnfanger bezeichnet, als Federanten, Fiedler, Furchler, Gwandleis (Gewandläuse), Holzgschnitzte, Hydranten, Kammerdiener, Kiah (Kühe), Nagler, Sauser und Stehgeiger, als Techniker, Wadlbeißer, Zamschneider und Zauberer.
Dem gelernten Stahlschlosser, Nationalspieler und späteren Trainer Ernst Baumeister ist für die Pflege und Hege des Ausdrucks „Fassadl“ zu danken. Er ist fast deckungsgleich mit dem „Bristl“ und bezeichnet die gute Form, das gute Selbstvertrauen. Bristl kommt, leicht zu erkennen, von der stolzgeschwellten Brust vor Spielantritt. Für die Nominierung in die Aufstellung zirkuliert der kickerösterreichische Ausdruck „a leiwal hom“ (ein Leiberl, „eine“ Dress haben). Das Leiwal, Leibal ist nicht zu verwechseln mit dem Lawal (Laberl), das den Fußball selbst bezeichnet, der auch als Frucht, Wuchtl (von Buchtel, tschechisch buchta), Blunzn (Blutwurst), Haud, und Duchant (Tuchent) zirkuliert. Eine interessante Karriere hat Wúle (erstbetont, mit langem u). Das deutsche Wort Beule wurde im Tschechischen zu „boule“ und über Prager Fußballspieler nach Wien zurückgepasst, wo aus „boule“ Wúle wurde. Leicht könnte es mit „wulé“ (letztbetont, mit langem e) verwechselt werden. Eine Wúle wulé genommen kommt vom englische „volley“ und dieses von lateinisch „volare“, fliegen.
Zurück zum Fassadl. Es ist die Verkleinerung der „Fassad“ (Fassade), der Vorderseite, Schauseite eines Gebäudes. Es wurde im 18. Jhdt. aus dem italienischen „facciata“ entlehnt, einer Ableitung von italienisch „faccia“ Vorderseite, Gesichtsseite, das letztlich auf lateinisch „facies“, Aufmachung, Aussehen, Gesicht zurückgeht. Viel Lateinisches also im hiesigen Kickertum.