Wie gut ist Lepschi?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 3/2024 vom 17. Jänner 2023

Liebe Frau Andrea,
neulich steh’n um 6h früh zwei Müllmänner, also die in Orange, vor meinem Schlafzimmerfenster und unterhalten sich. Der eine, offensichtlich etwas aufgebracht, beschwert sich über seine Frau: „… und die ganze Hausarbeit muss ich alleine machen, und das Kind versorgen noch dazu. Und was macht sie? Sie geht nach ihrer Arbeit am Abend auf Lepschi.“
Muss nun sagen, mein Mitleid hält sich in Grenzen, aber danach hab ich mir lange Gedanken gemacht, was das Wort eigentlich bedeutet, weil das hat schon meine Oma dauernd zu mir gesagt: „gehst schon wieder auf Lepschi?“. Nun sagt das Internet, es kommt, wie so viele Worte aus Tschechien und bedeutet weggehen.
Ich würde aber gerne noch ein bisschen mehr wissen. Vor allem, warum hat es so einen negativen Beigeschmack, fast schon verrucht?

Danke und liebe Grüße,
Sabine Lasar, Alsergrund, per Email

Liebe Sabine,

zur Konversation der beiden Herrn vom Orangen Ballet der MA 48 (wie die Mistkübler inzwischen liebevoll genannt werden) kann ich nur sprachlich beitragen, Gründe und Hintergründe der ehelichen Verstimmung müssen andere Instanzen klären. Das von Ihnen befragte Internet geht insoferne fehl, als es nur die halbe Wahrheit berichtet. Tatsächlich kommt unser Lepschi aus dem Tschechischen, dort ist lepší (besser) der Komparativ zu dobrý (gut). Die Steigerung von lepschi wäre übrigens nejlepší (am besten). Die Gattin des Betroffenen könnte die Krise also noch vergrößern.

Das Wienerische hat lange Zeit die tschechischen Wurzeln des Ausdrucks bewahrt, und den Fremdgang oder die sonstige Fortgeh-Belustigung als „na Lepschi geh’n“ bezeichnet. „Auf Lepschi geh’n“ ist inzwischen die gebräuchliche Form. Noch zur Jahrhundertwende war Lepschi auch ein Schmähname für einen trägen Burschen, sehr ähnlich lautend wie der Leschak, der Faulenzer und Lümmel, in dem sich tschechisch lesák (Waldbewohner) und ležák (Lagerbier) vermischten.

Das Gegenwort zu lepschi kennen wir auch: Horší (schlechter, oasch) – zu špatný (schlecht) und nejhorší (am schlechtesten). Mistkübler hergehört!


comandantina.com
dusl@falter.at
@comandantina.bsky.social
Newsletter abonnieren:
https://tinyletter.com/Comandantina

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert