Blackouts beim Vorstellen

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 50/2023 vom 13. Dezember 2023

Liebe Frau Andrea,
ich bin zwar nicht die herzige Mirjam [die 7jährige Fragende der letzten Woche; Anm.], aber habe Blackouts wie Sie, wenn ich zwei Leute einander vorstellen soll. Beide Namen sind dann nämlich futsch! Damit ich erfahre, um wen es sich handelt, habe ich die Formel „Bitte macht euch miteinander bekannt“ entwickelt. Wirkt freilich nur, wenn die Vorzustellenden den eigenen Namen parat haben, was unter Stress nicht immer der Fall ist. Wie zieht man sich dann aus der Affäre?
Ihre treue Leserin
Griselda Matura, Wien Mariahilf, per Email

Liebe Griselda,

als Expertin auf dem Minenfeld des individuellen Spontanvergessens kenne ich die von Ihnen vorgestellte Situation bestens. Sie tritt mit verlässlicher Regelmäßigkeit besonders dann auf, wenn die einander Vorzustellenden größten Wert auf Genauigkeit und Etikette legen. Auch im Vergessen des eigenen Namens oder seiner richtigen Aussprache bin ich bewandert.

Ihre Formel „Bitte macht euch miteinander bekannt“ funktioniert nach eigener Erfahrung nur dann, wenn wir sicher sind, dass die uns Entfallenen mit einander per Du wären. Auch diese wichtige Information kann abkommen. Wie peinlich, ein fälschliches Sie in einer Du-Situation zu verwenden!

Die bürgerliche Gesellschaft hat auf die beschriebenen und weit verbreiteten Unpässlichkeiten schon früh mit der Figur der Salonnière geantwortet, eines stilbewussten Wesens, das nichts besser beherrschte, als die von uns geschilderten Vorgänge. Ihr natürliches Habitat war der Salon, ein privater Ort formalen Aufeinandertreffens, in Oszillation seiner Wichtigkeit mal Stehempfang genannt, mal Soirée, mal „Abend für“, und in der Blüte der Boomerzeit „Party“.

Auf den Spielfeldern der Eleganz, Weltläufigkeit und Intrigenschmiedekunst darf an die Referenzfigur einer Vorstellerin von Welt erinnert werden: Die österreichische Salonnière Pauline Clementine Marie Walburga Fürstin von Metternich-Winneburg zu Beilstein, kurz Pauline von Metternich – in Anspielung auf ihre Klatschlust „Mauline von Petternich“ genannt. Sie und ihre Nachfolgerinnen beherrschten die Kunst einander Unbekannte vorzustellen in blendender Perfektion. Wo sie fehlen, irren wir.

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