Fahnen, die noch Respekt genießen

Als Mutter aller modernen Fahnen gilt die Tricolore, die Dreifärbige, die Flagge Frankreichs. Die Wimpelkundler sehen in ihren Farben eine revolutionäre Kombination des Rots und Blaus der Stadt Paris, und dem Weiß des Königs. Andere wieder deuten das Rot als jenes der Oriflamme, des Banners Karls des Großen. Blau sei die Farbe des Mantels des Heiligen Martin, und Weiß die des Federbuschs am Helm des französischen Königs Heinrich IV. Wir sehen es ist kompliziert.

Die Wettitante aller Banner ist die rotweißrote Fahne Österreichs, folkloristisch, wenn auch geschichtlich diffus gedeutet als der blutgetränkte Kreuzfahrer-Waffenrock des Babenbergerherzogs Leopold V. des Tugenhaften. Der weiße Mittelstreifen sei jener Bereich gewesen, der nach Abnehmen des Schwertgurtes nach der Belagerung von Akkon weiß geblieben sei. Auch im friedliebenden Österreich sind die Fahnenfarben also tief im Martialischen verwurzelt.

Als größte Schmach empfanden es seit jeher Militärs, wenn sie der Fahne verlustig gingen, weil sie der Feind erobert, entführt, und damit entwürdigt hatte. Ohne Fahne war der Krieger orientierungslos. Worunter sollte man sich versammeln?

Enorme symbolische Energie wurde und wird in das Hochhalten der eigenen und das Entwürdigen und Schänden der fremden Flagge investiert. Der Schrecken, den Fahnenmeere verursachen, ist von den Schlachtfedern in die öffentliche Arena getragen worden. Kein Fußballmatch ohne Teamfarben. Keine Demo ohne Flaggenparade. Kein politischer Auftritt ohne den Nationalbannerwald.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten am 25. November 2023.

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