Was bringt das neue Sommerloch?

Der Sommer bringt uns Ferien und Urlaub, Baustellen und Stau, Hitze und Gewitter, Überschwemmungen und Waldbrände. Und das Meldungsfeuer über Temperaturrekorde. Früher brachte der Sommer noch Ruhe und Entschleunigung, heiß war es erst ab 27°. Kaiserwetter gab es im Salzkammergut, wo es auch mal drei Wochen durchregnen konnte. Las man eben ein Buch oder die Zeitung von voriger Woche. Spielte Mikado oder Halma, und sah der Milch beim Sauerwerden zu.

Für Daheimgebliebene war der Sommer Badeglück. Im Freibad vibrierten die Sprungbretter, unterm Postkartenhimmel wurde erörtert, welche Seite vom Twinni die bessere wäre. Auf den Grillrosten der Nation lag Schweinernes, vegan waren nur die Paprikastreifen in den Grillspießen und die eine oder andere Folienkartoffel.

Ungemach gab es dennoch. Bauern und Bauerskinder kannten den Sommer nur vom Schuften. Den Wiener Sommerfrischlern wurde schöngetan, ausgelacht wurden die holländischen Wohnwagen-Urlauber, die mit dampfenden Kühlern auf den Pass-Anstiegen festsaßen. Arm waren die Kinder mit Nachzipf. Den Juli durften sie noch genießen, dann hieß es stucken. Die Politik stuckte nicht, sie war in der Versenkung verschwunden. Begüterte sonnten sich in Italien, die anderen im billigeren Jugoslawien. Marxangst gab es keine. Es war die große Zeit des Sommerlochs. Berichte über abseitige Tiersichtungen fluteten die Zeitungsspalten, Nachrichten über die Heiratspläne griechischer Reeder-Erbinnen und die Ausschweifungen alkoholkranker Leinwandhelden.

Das Sommerloch war früher tiefer.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 22. Juli 2023.

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