Wieviel Mund ist in der Pawlatschn?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 06/2023 zum 8. Februar 2023

Liebe Frau Andrea,
ich bilde mir ein, dass wir in meiner Kindheit (in Tirol) das Wort Bawaladschn für das Mundwerk verwendet haben, das es zu halten galt. Ich dachte mir das durch die tschechischen Pawlatschen erklären zu können, auf denen die Leute – unter anderem – zum Reden zusammenkamen. Google kennt aber nur das Bayrische Dialektwort, das für ein wackliges Gerüst stehen soll. Ich bin verwirrt, habe ich da als Kind – wie so oft – etwas falsch verstanden?Ich bitte um Ihre Hilfe,
Julia Figl aus Wien (und Tirol), per Email

Liebe Julia,

als Kinder verstehen wir vieles falsch. In meiner Volkschulzeit war ich sicher, dass es „Radierwummi“ hieß (und nicht Radiergummi) und die Luft, die uns umgibt „Atomsphäre“ (und nicht Atmosphäre).

Österreichweit wird unter Bappm (Pappen) der Mund verstanden, abgeleitet vom Bopp (Papp), dem Dialektwort für Brei und breiartige Gemische. In Wien kennt man das Bappal (für junge und sehr alte Zahnlose), in Tirol das Pappele. Die von Ihnen angeführte Bawlátschn oder Pablatschen bezeichnet den Umgang am Haus, in Altwiener Häusern die offenen, balkonartigen Gänge in Innenhöfen, aber auch die primitive Bühne, die aus zwei Fässern und einem darüber gelegten Brett bestand. Nach gängiger Etymologie kommt das Wort aus dem tschechischen, wo pavlač den Umgang am Haus, den Balkon, die Galerie bezeichnet.

Möglicherweise war bei Ihrem Neologismus noch ein weiteres Wort produktiv, die Bapuladúa oder Bapaladúa (Pappalatur), eine scherzhafte Weiterbildung zu Bappm nach dem Vorbild der Glawiadúa (Klaviatur). Ein anderes Wort aus der österreichischen Umgangssprache, das hier eingestreut haben könnte, ist der Bompaledsch (Pamperletsch), das kleine süße, manchmal auch lästige, ungezogene Kind. Hier sehen wird den Einfuß von italienisch bamboleccio (die Verkleinerung von bambino, Kind), und bamboleggiare, sich kindisch benehmen. Dem nicht ganz unähnlich ist der Ballawatsch oder Pallawatsch, vermutlich über das italienische balordaggine, Dummheit, Unbesonnenheit zu uns gekommen, und generell das Durcheinander und den Wirwarr bezeichnend.

Papperlapapp, sagen die Deutschen.  
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