Wie lau ist der Lackel?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 47/2022 zum 23. November 2022

Liebe Frau Andrea,
soeben hörte ich wieder mal das Lied „Die Omama“ des von mir hochgeschätzten Ludwig Hirsch . Da kommt der „schiache Lackel“ vor. Das weltweite elektronische Kompendium und meine Bekannten haben keine erklärende etymologische Antwort für den Lackel. Ich bin mir sicher, auf diesem Weg sprachliche Erleuchtung zu bekommen.
In der Hoffnung auch wieder was vom Wettergott zu lesen
Jürgen Wolf, per Email

Lieber Jürgen,

in seinem dunkelgrauen Lied hadert der Liedermacher Hirsch mit dem Andenken an die Stammersdorfer Oma, eine schrullige Alte mit allen Defiziten der Generation Hitler. Im Refrain des Liedes besingt Hirsch die Sieben Raben – es warn nur sechs, die Guade Fee – es war a Hex, den Bösen Wolf – a klaner Dackel, den Märchenprinz – a schiacher Lackel.

In fast allen Dialekten Österreichs ist der Lackel als großer, ungeschlachter, oft grober, nicht selten junger Mann bekannt. Es gibt den langen Lackel, den Bauernlackel, den gescheaden (geschorenen) Lackel. Woher kommt der Ausdruck? Von der Lacke, die den soldatischen Begriff des Locknbotscha (Lackenpatscher) erzeugt hat, des schlecht beleumundeten Fußsoldaten, der durch jede Pfütze steigen muss, um das Marschpensum zu erfüllen? Vom rotwelschen „Lack“, einem Synonym für Branntwein (und Milch), das vom jiddischen Flüssigkeitsmaß „log“, soviel wie ein Seidel Bier kommt?

Die Spezialisten führen den Lackel auf das deutsche Adjektiv „lack“ zurück, eine mundartlich weit verbreitete Nebenform zu „laff“ und „lau“, also matt, müde, träge, rotwelsch auch schlecht, dumm, krank, schlimm, klein und arm, und in dieser Weise auch bildlich für Personen gebraucht. Eingewirkt auf den Begriff „lack“ haben gewiß niederländisch „laag“ (gemein, niedrig, niederträchtig) und friesisch „lak“ (Fehler, Mangel). Und auch das Romanes ist am Lackel beteiligt, „láko“, „lóko“ bedeutet dort leicht, gering. Damit erklärt sich auch die Nebenbedeutung „Hund“, der im Rotwelschen Lex, Lecks heißt. Vom Lex zum Rex ist es damit nur eine kleine Lacke, womit auch geklärt wäre, wieso der Hirsch’sche Prinz eigentlich nur ein Lackel ist.


comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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