Kritische Infrastruktur

„Kaiser, König, Edelmann“ ging ein alter Kinderreim, „Bürger, Bauer, Bettelmann“. Der Auszählspruch endete hier nicht, mussten doch noch „Schuster, Schneider, Leinenweber“ eingepflegt werden, und „Bäcker, Kaufmann, Totengräber“. Frauen kamen keine vor, sie wurden traditionell verschwiegen, heute würde man sagen: Mitgemeint. Die Liste ist nicht mehr ganz frisch, die Aristokratie wurde österreichweit 1918 abgeschafft, sie arbeitet jetzt für die Regenbogenpresse. Sport und Spaß helfen aus, Schihelden steigen regelmässig zu Kaisern auf, lokale Schönheiten zu Weinköniginnen und Faschingsprinzen. Der alte Adel stirbt aus oder verbessert seine Gene im Bürgerlichen.

Weiter im Reim. Den Kaufmannsstand unter den des Bäckers zu reihen, würden sich Alumnen der Wirtschaftsuniversitäten heute nicht mehr gefallen lassen! In den Beliebtheits-Rankings der Umfrageinstitute dominieren dennoch andere Berufe. Feuerwehrleute, Krankenschwestern, Apotheker und Piloten, gefolgt von Ärztinnen und Busfahrern. Man will es sich nicht verscherzen, mit den Wachhabenden über Leben und Tod. Auch nicht mit dem Pulk in den Beliebtheiten, mit Richtern, Lehrenden, Polizisten und Soldaten. Schon eher mit dem Mittelfeld, mit TV-Moderatoren, Bankbeamten und Schauspielern.

Leicht unbeliebt sind Bürgermeister und Geistliche, Journalisten und Versicherungsvertreter. Und wenig Sympathie gibt es für Werbefuzzis. Geradezu totengräberisch verachtet aber werden Politiker. Haben die beiden Ranking-Letzten deshalb so innigliche Freundschaft geschlossen? Und zählen die Liftkaiser zu den Sporthelden oder zum Spaßadel?

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 23. Juli 2022.

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