Echte Sanktionen

Wir haben es nicht leicht. Erst kam der Klimawechsel, dann Corona und jetzt der Krieg. Der Kanzler sticht den Zirkel ein und misst: Niederösterreich liegt näher an der Ukraine als an Vorarlberg. Das hätten die Bregenzerwälder auch ohne Zirkel gewusst.

Plötzlich ist uns ein Land nahe, das wir lange rechts liegen ließen. Jetzt, wo es in Bedrängnis ist, wächst Liebe, wo früher Gleichgültigkeit regierte. Jetzt wissen wir, wo Kiew liegt und wo Charkiw, wo der Dnepr fließt und was ein Oblast ist. Das hat Gründe, sie liegen unverborgen aber tief in der österreichischen Seele. Diesem Organ von unbeirrbarer Weisheit war der Russe immer schon suspekt. Es sei denn, er kam zum Schifahren oder zur Schönheitsoperation. Kaufte ein Villenviertel, oder einen Exbundeskanzler. Jetzt aber ist alles anders. Jetzt ist uns die Ukraine auch ohne Zirkelschlag nahe, und Russland fern. Besonders fern ist uns jetzt der Organisator der Unbill: Wladimir Wladimirowitsch Putin.

In vorauseilendem Wissen, das könnte sich einmal ändern, hatten wir einst Putins Nähe gesucht, sind mit ihm schigefahren, haben ihm Teppiche ausgerollt, und als wir heirateten, kam er, um mit uns zu tanzen. Auch seinen Freunden und Freundinnen haben wir geholfen, wo wir nur konnten, haben Staatsbürgerschaften verteilt und Orden, haben Rubel gewaschen und Euro getrocknet.

Jetzt ist alles anders. Jetzt hat der Mann, der kurz unser Lieblingsrusse war, den Bogen überspannt. Böser Putin, fremder Putin. Alles geht, nur ein Krieg nicht. Zum Schifahren laden wir dich nicht mehr ein.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 5. März 2022.

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