Covidopoly

„Schön ist so ein Ringelspiel“, sang einst Hermann Leopoldi, „das ist a Hetz und kost ned viel. Damit auch der kleine Mann sich eine Freude leisten kann. Immer wieder fährt man weg und draht sich doch am selben Fleck!“

Das weltberühmte Lied ist programmatisch für Österreich, das Land der Wiederkehr. Unsere Neigung für die Zirkelfahrt ist fatal. Vergangenes zieht immer wieder vorbei, die Zukunft wird nur kurz bereist. Auf Ebene der Dinglichkeiten lieben wir den Rundgang, als Kontrolletti durchs Gebäude, als Besucher durchs Museum, als Spaziergänger um den See. Wir steigen frühmorgens auf die Gipfel der Berge, nur um abends heimkehrdurstig wiederzukommen. Weder hält es uns unten, noch gefällt es uns oben allzulange. Im Winter helfen uns dabei die treu zirkulierenden Gondelbahnen und der stetige Zug der Schilflifte. Wir sind das Land der Kreisverkehre und der politischen Rundumschläge. Das hat Jochen Rindt hervorgebracht, Niki Lauda und den Hättiwari. Aber auch das Ringelrei aus Boulevard und Politik. Den umfragetrunkenen Schwiegermutterprinzen ebenso, wie seinen tiefen Fall. Emotionsgeographisch gesehen müsste Österreich rund sein wie eine Sachertorte.

Vielleicht aber ist es just die Gestrecktheit des Landes, das Gefälle zwischen West und Ost, das unser Rundsehnen gebiert. Die geographische, sprachliche und die Ausdehnung der Mentalitäten. Vielleicht ist die Unrundheit Österreichs der wahre Grund für unsere Sehnsucht nach dem Kreisen.

Hermann Leopoldi fasst es zusammen: „Man kann sagen, was man will, schön ist so ein Ringelspiel!“

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 20. November 2021.

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