Woher kam die Kurz-Farbe Türkis?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 46/2021 zum 17. November 2021

Liebe Frau Andrea,
bevor alles wieder eingeschwärzt wird, noch schnell eine polithistorische Frage. Wer hat die ÖVP-Farbe Türkis erfunden?
Sicher wissen Sie mehr! Vielen Dank im Voraus
Gerlinde Suchengast, Wien Neubau und Schärding, per Email

Liebe Gerlinde,

Türkis ist ein zyanisch-grünes, undurchsichtiges Kupfer-Aluminium-Phospat aus der Mineralklasse der Phosphate, Arsenate und Vanadate mit der chemischen Formel CuAl6(PO4)4(OH)8·4H2O. In feineren Qualitäten ist er selten und wertvoll und wird wegen seines einzigartigen Farbtons seit Jahrtausenden als Schmuck- und Zierstein geschätzt.

Der Edelstein ist unter vielen Namen bekannt. Plinius der Ältere bezeichnete ihn als καλάϊνος kalláïnos, blau und grün schillernd. Heimkehrende französische Kreuzfahrer machten das orientalische Mineral als turkoys bekannt, wohl weil sie dachten, der Türkis stamme aus der Türkei. Tatsächlich wurde er dort nur gehandelt. Jahrtausendelang wurde er in Persien abgebaut, während die alten Ägypter der vordynastischen Zeit ihn vom Sinai bezogen.

Esoteriker beziehen die mythisch-spirituellen Kräfte des Türkis von jenseits des Großen Teichs. Die Azteken kannten den blaugrünen Schutz- und Heilstein als Chalchihuitl. Der aztekische Regengott Tlaloc wurde durch Türkisgaben milde gestimmt, die Gottheit Quetzalcoatl war für das handwerkliche Geschick der Steinschneider zuständig.

Für die ÖVP und ihren Schönwettergott Sebastianatl wurde die Farbe Türkis erst auf einem farblichen Umweg wirksam. In der Pantone-Farbwelt als 7709 kodiert war es die freundlichere Version der ursprünglichen Kurzfarbe Petrol. Mit dem Blumenkistl-Farbton war der junge Kurz 2013 in seine Vorzustimmenkampagne gestartet. Dies wohl in Erinnerung an die einstige ÖVP-Leitfarbe Steirerhutgrün und in Abgrenzung zum unmodern wirkenden Schwarz der Jahre vor Kurz.

Als Erfinder von Petrol und Türkis gilt der Kampagnen-Experte und türkise Marketing-Guru Philipp Maderthaner. Zu Zeiten der Hochkonjunktur Sebastian Kurz’ nannte er Türkis noch „die Farbe der Klarheit, der Gestaltungskraft.“ Diese Zuschreibung darf als überholt gelten.


comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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