Wer sind die Beserl im Park?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 45/2021 zum 10. November 2021

Liebe Frau Andrea,
woher kommt das Beserl im Park? Benötigt ein „Beserlpark“ besondere Reinheit? Oder hat es mit der Größe zu tun – ein Beserl reicht zum Auskehren? Eine belesene Bekannte meinte, dass der Begriff aus der Anfangszeit der Parkpflanzungen stamme, als die Bäume noch Krewecherl waren, also wie kleine Besen aussahen. Aber stimmt das auch? Und wo zieht man die Grenze, ist zum Beispiel der Brigittapark ein Beserlpark? Er ist klein, aber sehr lebendig, da wird unter den (mittlerweile großen) Bäumen Karten gespielt, an der sonnenbeschienenen Kirchenwand gerastet, auf den Bänken davor wild gestikulierend diskutiert.
In freudiger Erwartung weiterer Aufklärung,
Ihre Beate Kniescheck, per Email

Liebe Beate,

das Wienerische differenziert zwischen Baak (Park), Goatn (Garten), Gstättn (brachliegendes, verwildertes Grundstück) und Besalbaak (Beserlpark). Letztgenannter, nicht selten zwischen Hauptstraße und Nebenfahrbahn angelegt, bezieht seine Nämlichkeit allerdings nicht vom schütteren Baumbewuchs, sondern von seiner Eigenschaft als Wirkungsstätte der „Beserl“ oder „Besen“. Darunter verstand man im alten Wien die „leichtsinnige, junge Weibsperson“, nach heutigem Verständnis die unkontrollierte Geheimprostituierte. Einige Etymologen des Wienerischen wollen auch ein spezifisches Zeitwort ausmachen. Demnach bezeichnet „beseln“ das emsig hin- und hertrippeln, das geschäftig sein. Das 1886 erschienenen Werk Die Prostitution in Wien des Wiener Polizeiarztes Josef Schrank expliziert unser Thema: „Bei Tage treiben sich [die] Schanddirnen in den öffentlichen Gärten Wiens, welche bei Eintritt der Dunkelheit geschlossen werden, herum. Im Volksgarten ist die sogenannte Seufzerallee als Rendezvous für Liebesbedürftige allgemein bekannt. […] Die gemeinsten, meist mit keinem Gesundheitsbuch versehenen Prostituierten benützen zur Ausübung ihres Schandgewerbes bei Nacht die öffentlichen Parkanlagen, besonders den Stadtpark, den Rathauspark, den Park am Franz-Josefs-Kai (Beserlpark)“. Der langgezogene Park auf der stadtnahen Seite des Donaukanals dürfte demnach der erste Beserlpark Wiens gewesen sein.
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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