Salzburg aus Sicht der Touristen

Mein frühestes Salzburg-Erlebnis fand in einem heißen Sommer in den Sechzigerjahren statt. Als Tourismus-Uniform jener Zeit galten Lederhose und Mariandl-Dirndl, Zöpfe und Sommerkurzhaarschnitt. Aus der Salzkammergutprovinz mit ihren kleinen Marktflecken kommend, war das Residenz-Erlebnis von überwältigender Kraft. Eine Salzkammergutstadt, die auch noch so hieß: Salzburg. Ein Manhattan aus dem Barock (hätte ich als Kind gewusst, was Manhattan und was Barock war). Kirchen im Dutzend, und über den Wolken die Burg aus den Auschneidebögen. Ein Großtag! Ich erinnere den „Spaziergang“ durch die Getreidegasse kaum, auch das Wort Mozart hatte noch keinen Klang in meinen Ohren. Schattige Wirtsstuben waren nur interessant, wenn sie Eis über die Straße verkauften. Das Wort Festspiele, sollte es denn gefallen sein, war rauchender Schall. Spiele, die nicht an einem Kinderspielplatz stattfanden, waren langweiliger Erwachsenenkram.

Ein einziges Postkarten-Motiv sollte uns tatsächlich begeistern. Der Vater zelebrierte das Näherkommen. Dort ist es kühl, versprach er, dort wird es euch gefallen! Der Platz der Plätze, das Zentrum von Salzburg war erreicht, voilà, sagte der Vater: Die Pferdeschwemme! Ein Planschbecken für Pferde. Schon die Idee war besser als jeder Märchenplot. Was für eine Stadt, die Bäder für seine Pferde baute! Wenn die Pferde im erzbischöflichen Stall stehen, und auf Aufträge warten, log der Vater, dürfen auch Kinder die Pferdeschwemme benutzen. Bis zum Knie. Wenn es heiß ist. Ausnahmsweise.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 8. August 2020.

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