Untersuchungsausschuss

Der österreichische Untersuchungsauschuss ist ein zentrales Instrument politischer Folklore. Sehen wir uns den Begriff und seine Bestandteile an. Sie haben unterschiedliches Gewicht.

Jeder österreichische Untersuchungsauschuss ist immer und fast ausschließlich eine Untersuchung über Österreich selbst. Über die Art, wie hier gesprochen (und geschwiegen) wird, über Methoden der Darstellung (und Selbstdarstellung). Das parlamentarische Instrument erlaubt luzide Einblicke in soziale Konstellationen, in das Wer-darf-monentan-was. Im Wort Untersuchungsausschuss imponiert das Pejorativ „unter“ – mit „Suche“ verbinden wir Gefühle des Scheiterns. Gesuchtes ist nach bester Erfahrung Verschwundenes, es wurde vor uns verborgen, von uns und anderen verloren. Es befindet sich nach österreichischem Ermessen in einem Zustand der immerwährenden Unauffindbarkeit.

Eine nicht minder irritierende Vokabel befindet sich am Ende unseres Begriffs: „Ausschuss“. Ausschuss kennen wir als Ausgeschiedenes, als Erzeugnis minderer Qualität, als Unverkaufbares, als Staubfänger in Ramschkisten und Konkursmassen. Das Wort „Schuss“ widerum, das in prominentester Bedeutung das Abfeuern einer Knallwaffe bezeichnet, markiert ein Ereignis ist von singulärer Präsenz. Es verhallt nach kurzem Lautsein.

Legastheniker und Wortfinder schließlich monieren das Fehlen eines „l“ im Wort. „Ausschluss“ käme einer Realität nahe, die Beobachtende und Teilnehmende unausgesprochen auf den Lippen tragen. Wenn sie denn nicht wortreich rufen: Aus, Schluss!

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 25. Juli 2020.

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