Wieso heißt es Mund-Nasen-Schutz?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 21/2020 zum 20. Mai 2020.

Liebe Frau Andrea,
derzeit wird überall der Begriff „Mund-Nasen-Schutz“ verwendet.
Warum steht hier das Wort „Nasen“ in der Pluralform und das Wort „Mund“ in der Singularform? Müßte es nicht heißen „Mund-Nase-Schutz“ oder „Münder-Nasen-Schutz“? Bitte um Aufklärung,

mit freundlichen Grüßen,
Hanno Hierzegger, per Email

Lieber Hanno,

ganz Österreich, von Corona-Minister Anschober abwärts, verwendet den Mund-Nasen-Schutz (MNS). Man wäre versucht, die von Ihnen angesprochene Irregularität der oberösterreichischen Herkunft des grünen Regierungsmitglieds zuzuschreiben. Indes liegen die Dinge allgemeiner (und komplizierter). Schon vor Covid19 und dem Inkrafttreten jeglicher Pandemie-reduzierender Maßnahmen kannten wir den Begriff des Hals-Nasen-Ohren-Artzes. Auch hier werden einzählige Körperpartien (Hals und Nase) mit mehrzähligen (den Ohren) gemischt. Niemand sagte je „Hals-Nase-Ohren-Arzt“ zu seinem oder ihrem Oto-Rhino-Laryngologen. Woher kommt also das seltsame „n“ zwischen Nase und Schutz?

Die Sprachwissenschaftler wissen mehr, sie sprechen von einem
Fugenlaut, der immer dann verwendet wird, wenn ein Hauptwort, das auf -e endet, mit einem zweiten Wort zu einem neuen Begriff zusammengefügt wird. Ganz ohne Probleme sprechen wir vom „Trompetenspiel“, auch wenn wir nur ein Blech blasen, vom „Sonnenschein“, auch wenn nachweislich nur ein Gestirn vom Himmel brennt, und vom „Krawattenknopf“, auch wenn wir nur einen Binder pro Hemdkragen tragen. Das Fugenzeichen geht auf einen alten Genitiv zurück. So hieß es „des Hasen Stall“, woraus „Hasenstall“ wurde“ und nicht „Hasestall“, ganz wie „des Augen Lid“ zu „Augenlid“ führte und nicht zu „Augelid“.

Das Wienerische hat sehr schnell auf alle sprachlichen Ungenauigkeiten im Schutzmaskengenre reagiert und verwendet für den MNS längst Komposita aus dem eigenen Wörterbuch. Der Volksmund spricht von der Anschobaschiatssn (Anschober-Schürze), dem Ausgehfuahangl (Ausgeh-Vorhang), der Bappnwindl (Pappen-Windel), dem Billafods (Billa-Fotz), dem Fodsnbatal (Fotzen-Barterl), dem Goschnfetzn (Goschen-Fetzen) und der Karauna-Loarfn (Corona-Larven). Für den Babyelefanten werden noch Viennensa gesucht.
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

7 Gedanken zu „Wieso heißt es Mund-Nasen-Schutz?“

    1. Thats because there is usually more than just one Pferd in the Stall. It is „der Stall der Pferde“ thus Pferdestall. 🙂

  1. Ich würde für den Babyelefanten „Riasslgschropp“, oder süß-verniedlichend auch „Riassltschapperl“ vorschlagen. Man könnte aber auch auf das Elefantenmäderl in Schönbrunn Bezug nehmen und den Einkaufswagen „Kibalitruchn“ nennen.

  2. Sehr geehrte Frau Dusl!
    Unter Berücksichtigung der jüngsten sich einbürgernden Alltags-Moden der zweithäufigsten Trage-Varianten des MNS darf ich etwas beisteuern:

    Gurgel-Gugel (mir als Weinviertler aus der bäuerlichen Mundart vertraut),
    Kinnwärmer (allgemein).

    Mit freundlichen Grüßen,
    Werner M.

    (ad „Gugel“, siehe https://www.zobodat.at/pdf/MGSL_123_0167-0189.pdf : Gugel f. großes Wolltuch, Kopftuch (lg.); mhd. gugel, k u g el Kapuze. Vgl. das veraltete „Gulle“ Narrenkappe).

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