Krisengewinnler

Wir würden, sagte Bundeskanzler Kurz in einem denkwürdigen und vielzitierten Fernsehinterview Ende März, auch in Österreich bald die Situation haben, das jeder irgendjemand kenne, der an Corona verstorben sei. Nun ist dieses „bald“ zumindest kalendarisch bereits eingetreten und jeder kennt viele, die niemanden kennen, der an Corona verstorben sei. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: Der Bundesmessias ist kein erfolgreicher Prophet – mäße man die Qualität einer Prophezeiung an ihrem Eintreten. Kurz‘ Qualitäten als Pressekonferenzprofi und Beliebtheitskurvenakrobat bleiben davon unberührt.

Sprechen wir von anderen Erfreulichkeiten, sprechen wir vom Guten, das uns der Shut-Down, die Ausgeh-Beschränkungen und Betretungsverbote gebracht haben. Alle im Land wissen nun, wie groß ein Babyelefant ist, seine Dimensionen reichen vom Format eines Meerschweinchens bis zur Größe eines Zirkuselefanten. Viele haben ihre Kinder neu kennengelernt. Wichtigste Erkenntnis: Auch Kinder haben Probleme am Arbeitsplatz. Auch Kinder sind nicht gerne im Home-Office.

Eine groteske Wendung ins Gütliche hat indes eines der brennenden Mode-Probleme des Landes genommen. Vermummung ist keine Verwaltungsübertretung mehr. Das Verhüllen oder Verbergen der Gesichtszüge an öffentlichen Orten ist nicht mehr strengstens verboten und strafbar, sondern bekanntlicherweise strengstens vorgeschrieben und das Unterlassen strafbar. Wer also momentan mit einer Cowboy-Maske vorm Gesicht in die nächste Bank einreitet, um dort ordentlich Zaster abzuheben, riskiert keinen Kobra-Einsatz mehr.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 9. Mai 2020.

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