Grüßen in Zeiten der Krise

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 18/2020 zum 29. April 2020.

Liebe Frau Andrea,
wir leben ja jetzt alle in seltsamen Zeiten. Babyelefantenabstand, Masken und so. Wie grüßt man jetzt eigentlich richtig?
Bitte um Hinweise und Tipps,
Fiona Krafft, Leopoldstdt, per Email

Liebe Fiona,

das Grüßen als ritualisiertes Element der Begegnungskultur ist dem strengen Regime der Codes und Bedeutungen unterworfen. War das Schütteln der Hände noch Anfang März ganz normal, ist es inzwischen völlig aus der Mode gekommen, ja es gilt als roh, verantwortungslos und verstörend. Ähnliches gilt für die Umarmung, den (schon vorher selten gewordenen) Handkuß, das Bussi-Bussi unter Innenstadt-Freundinnen und Ischgl-Hoteliers, und den Handschlag der Qualitäts-Haberer. Die Gründe für das Verschwinden dieser Grußformen sind bekannt: Angst vor Ansteckung, Angst, als Ansteckungs-Verleugner diskreditiert zu werden, Angst, von Vernaderern vernadert und von der Polizei wegen Mindestabstandsunterschreitung bestraft zu werden.

Wie grüßt man also in Zeiten von Corona richtig? Noch haben sich die abstandwahrenden Grußformen nicht konsolidiert. Häufig sieht man das Heben der (abgewinkelten) rechten Hand, verbunden mit einem monarchischen Winken. Geübtere spreizen die Mr.-Spock-Hand zum Vulkaniergruß, der (wie comandantinaseits in Falter 21/2009 erörtert) eigentlich die eine Hälfte des aaronitische Segens (hebräisch birkat kohanim) ist, benannt nach Moses‘ Bruder Aaron. An Eleganz kommt dem auch das aristokratische Nicken des Kopfes gleich, hier darf Kardinal Schönborn als vorbildlicher Grüßer genannt werden. Die „asiatisch-höflich-freundliche“ Namaste-Verbeugung von UHBP van der Bellen hat sich indes, trotz ausgiebiger Empfehlung in einer Fernsehansprache, nicht durchgesetzt.

Aus Asien kommt auch das Low Five, das Aneinanderstoßen der reziproken Sneakers-Innenseiten einander Grüßender, erst der rechten, dann der linken. Das sieht schon sehr elegant aus und wahrt den Abstand in der Größe eines maltekischen Baby-Zwerg-Elefanten. Ähnlich vorbildlich ist das chirurgische Grüßen mit korrespondierenden und nach vorne gestreckten Ellbogen. Das Grinsen (der Schmuck der Dummen) ist den Zoom-Konferenzen vorbehalten.


comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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