Corona-Kurven

Viel wird dieser Tage über Maßnahmen gesprochen. Und über Verordnungen. Regierende reagieren, Reagierer regieren. Corona ist die Königin der Krisen. Ihre Prinzessinnen tragen undichte Masken, turnen auf Kurven und tappen im Zifferndunkel. Die normativen Kraft des Faktischen schafft Regeln, wo vorher keine waren, und schafft ab, was vorher gut geregelt war. Pandemieweit werden alte Benimmvorschriften durch neue ersetzt. Die Welt, sagen die Experten (und Experten sind wir doch alle), ist schon jetzt nicht mehr die Welt, wie wir sie kannten. Die Leute, die an den Schaltgestängen der Macht stehen, sind durch Corona ins Überwirkliche geschleudert. Vernunft wird denunziert, Unvernunft herbeigeträumt.

Dabei wird gerne vergessen, dass die Sprache genauer ist, als jede ihrer Anwendungen. Sollte beim Ergreifen von Maßnahmen nicht bedacht werden, dass bei diesem Vorgang Maß genommen wird, nicht Maß geraten? Dürfen wir den Produzenten von Verordnungen ins Pflichtenheft notiert, dass das Wort seine Bedeutung aus der Ordnung zieht? Verordnungen, die Unordnung schaffen, sind faul, selbst wenn ihre Autoren fleißig waren.

Wie wird es weitergehen? Wie weit wird es gehen? Wem dürfen wir vertrauen, wem nicht? Werden wir überwacht, oder sind wir schon die Überwacher? Sind wir noch eine Gesellschaft, oder schon eine Herde? Und wird alles wieder gut, wenn wir alle immun sind? Und wer ist „alle“? Und was wird gut sein, wenn wir vergessen haben, wie es einmal war? Und wenn wir es selbst nicht vergessen haben, wie erinnern wir die daran, denen es entfallen ist?

So viele Fragen. So wenig Antworten.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 18. April 2020.

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