Der Schmutzkübel

Mittlerweile gehört er zum österreichischen Inventar. Aber trotz seiner Allgegenwart in der politischen Arena ist er kein Haushaltsgegenstand. Wir haben Mistkübel daheim, Papierkörbe und wenn wir Müll trennen, noch ein paar andere Entsorgungsgefäße. Der Schmutzkübel aber ist ganz dem Innenpolitischen zugekommen. Er gilt als solides Utensil der Niedertracht und der böswilligen Sauerei. Er kommt, so der metaphorische Beipacktext, direkt aus dem Stall oder aus der Latrine, und dient dem Anschütten. Eine Rohheit, die sogar dann zu den großen Beleidigungen zählt, wenn sie nur mit Flüssigem vorgenommen wird. Normaler Schmutz ist im allerseltensten Fall im Kübel. In der Regel ist der Eimer mit Scheiße gefüllt. Alter und Neuer. Verständlich, daß auch andere Begrifflichkeiten zirkulieren.

Als freundlichere Variante des Anschüttens gilt das Anpatzen. Ihr ist die Erfahrung eingeschrieben, dass die ersten Anpatzungen von eigener Hand geschehen, im Kleinkindalter, vorzugsweise mit Essen. Anpatzereien in späteren Lebensaltern sind meist auch der eigenen Hand geschuldet, man denke an den Gulaschfleck auf dem Firmungskleid oder der Rotweinspritzer auf der Sommerhose. Gezielte Anpatzereien durch Andere kommen fast ausschließlich unter Halbwüchsigen vor. Der Angepatzte soll höheren Instanzen (Eltern, Lehrern) gegenüber als unreif denunziert werden. Um den Fleck selbst geht es am allerwenigsten. Es geht um die Selbstbefleckungsbezichtigung. Wer die Anpatzerei fürchtet, sollte sich unter Erwachsene begeben. Wo wir wieder beim Schmutzkübel wären.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 31. August 2019.

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