Knöpfe links, Knöpfe rechts

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 41/2018 zum 10.10.2018.

Liebe Frau Andrea,
wieso sind bei Hemden und Jacken die Knopfleistenrichtungen „gegendert“, also für Männer und Frauen unterschiedlich – bei Hosen aber (soweit ich es überblicke) nicht? Und die Zusatzfrage: Ist der querstehende Knopfschlitz des untersten Hemdknopfes (zumindest bei Herrenhemden) nur Tradition oder hat der auch irgendeinen funktionalen Sinn?
Liebe Grüße,

Valentin Gerber, Reumannplatz, per Einflüsterung in der U-Bahn.

Lieber Valentin,

die Usancen gegenderter Knopfleisten reichen in eine Zeit zurück, in der Mode noch weitgehend Ausdruck von Eliten war, und nur zwei polaren Bedingungen unterworfen: Prunk (als Ausdruck des Standes) und Funktionalität (als deren normative Gegenkraft). Das Volk trug Tracht (wörtlich: Getragenes). Viele Kleidungsstücke hatten überhaupt keine Knöpfe, sondern wurden übergestreift, übergeworfen oder an Schlüsselstellen mit Bändern verschlossen. Für die Ausrichtung der Knöpfe am männlichen Hemd, Rock und Mantel werden von Kostümgeschichtlern kriegerische Notwendigkeiten namhaft gemacht. Das schnelle Ziehen von Schwert, Säbel und Degen mit der rechten Hand wäre von linksgeknöpften Kleidungsstücken behindert worden. Für die Damenknöpfung gibt es mehrere Theorien, eine erklärt die Linksgerichtetheit mit der Orientierung am Damensattel. Diese hätte verhindert, dass sich „Fahrtwind“ beim Reiten in Blusen und Mantillen gefangen und diese undamenhaft aufgeblasen hätte. Etwas belastbarer ist die These, nach der die Linksknöpfung die Anzieharbeit der Kammerzofen erleichtert hätte. Am wahrscheinlichsten indes ist jene Theorie, nach der die Damenknöpfung das Öffnen der Bluse beim Stillen eines Kindes erleichtert hätte. Jeans und moderne Damenhosen folgen wohl dem ökonomischen Gebot der Produktionsgeneralisierung: Unsisex für alle. Zumindest am Hosenstall.

Die Frage nach dem letzten, quergestellen Hemdknopfloch erklären Schneider so: Am Bauch seien die Querkräfte am Männerhemd am größten. Ähliches gilt für den Hals. Die dazwischen verlaufenden, längsgerichtete Knopflöcher widerum gewährleisteten, so die Experten, eine sauber ausgerichtete Knopfreihe.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

Ein Gedanke zu „Knöpfe links, Knöpfe rechts“

  1. Sehr geehrte Fr. Dr. Dusl,

    bitte borgen Sie sich einmal ein Stillkind aus. Sie werden rasch bemerken, dass Frauen zwei Busen haben, die sie dem Kind ABWECHSELND anbieten. 

    Wenn gerade nicht gestillt wird, ist es für Rechtshänder_innen im Übrigen praktischer, das Kind auf der linken Hüfte zu tragen, damit die rechte Hand für’s Kochen/SMSen/Putzen frei ist. Neudeutsch wird das als Multitasking bezeichnet. 

    Wird das Kind hungrig, kann nun mit der linken Hand, die das Kind hält, zugleich die linksgeknöpfte Knopfleiste aufgeknöpft werden, worauf dann die anderen Tätigkeiten kurz unterbrochen werden sollten, während das Kind durch die linksgeknöpfte Knopfleiste in die Bluse an den RECHTEN Busen schlüpft, um zu trinken.

    Was aber, wenn der LINKE Busen drann ist? Rasch in eine RECHTSgeknöpfte Bluse wechseln, damit die Schlüpfrichtung fürs Kind passt? Dafür müsste das Kind kurz abgesetzt werden, Zeit für andere Tätigkeiten ginge durch das Umziehen verloren, etc.

    Kurz: Ich denke, diese Theorie stammt von jemandem ohne Erfahrung mit dem Stillen. Vielleicht sogar von einem Mann! 

    Die Damische

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