Wo das Knödel herkommt

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 17/2018 zum 25.4.2018.

Liebe Frau Andrea,
in letzten Falter wird der scheidende Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny allerlei Dinge gefragt, unter anderem, wie ist es ihm letztendlich gelungen sei, „dem Bürgermeister den Knödl fürs Wien Museum doch noch herauszureißen?“ Hat „das“ Knödel jetzt das Geschlecht gewechselt?
Vielen Dank für die Aufklärung und liebe Grüße,
Aniko Pecs, per Email

Liebe Aniko,
wir bewegen uns innerhalb des Wienerischen, wo „Gnedl“ den Kloß bezeichnet, gleichzeitig aber auch das Geld. Gemeinhin wird das damit erklärt, dass Geld mit den Fingern geknetet werde. Wie Teig, wie Knödelmasse. Immerhin sagen auch die Deutschen „Knete“ zum Geld, meinen manche Dialektforscher. Bezeichnen doch Ausdrücke mit Anlaut kn-, Wörter wie Knolle, Knauf, Knopf, Knüppel, Knospe, Knubbel, Knorpel, Knorren, Knoten allesamt verdickte Gegenstände. Geld aber ist flach, Münzen wie Scheine. Verführerisch wäre es, hier einzuwenden, auch die anglosächsische Umgangssprache kenne ja solch ein Synonym für Geld, nämlich „dough“, Teig. Ein Hinweis auf ganz andere Herkunft liefert allerdings der Artikel von Gnedl. Im Wienerischen ist das Wort nämlich sächlich: Das Gnedl (eigentlich „es Gnedl“). Das Jiddische, von dem unser Wort mit einiger Wahrscheinlichkeit kommt, kennt jedenfalls „genewo“, „gnéjwe“ (Mehrzahl gnéjwess) als Bezeichnung für den Diebstahl und das Diebsgut. Jiddisch Gánew (mehrzahl Ganówim) kommt vom hebräischem ganāb und bezeichnet den Dieb, er hat sich umgangssprachlich in den Ganoven verwandelt. Die Knete kommt im Deutschen also nicht vom Geknetenen, sondern vom Ganneiw(t)en. Im Wienerischen hat jene Schicht, der die sprachlichen Zusammenhänge im Jiddidschen und Rotwelschen nicht mehr geläufig waren, aus dem Gennejwten, Gnejwten, das Gnejwdl und schließlich das Gnedl, Knödel geformt. Mit dem Knödel, dem Kloß, hat das Geld somit nichts zu tun. Andere, aus dem Gaunersprachlichen in die bürgerliche Altagssprache übergetretene Synonyme für Geld sind der Flieder (von Flitter), das Gerschdl (von Gerste) und die Königin aller Pekuniärbezeichnungen: Die Marie (von Romani maro, Brot). Es gibt also doch Teig in unseren Taschen.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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