Esoterikoffensive

Jedes Grundstück und jedes Gebäude habe Bewusstsein. So verkündete es der Salzburger Energetiker und die Wiener Krankenhausbauer horchten auf. Der Mensch sei schuld. Der Mensch! Und die bürgerlichen Gesetze. Sie unterbrächen den natürlichen Energiefluss der Bauwerke. Heast, sagten sich die Wiener, da schau her! Ereignisse, predigte der Lichtwegebner weiter, würden gespeichert, es gelte, diese zu entfernen. So ist es! Genau! Der Wasserkopf hing am NLP-Haken. Die Krankenhaus-Zuständigen, besorgt um Gebäude und Bewusstsein, fackelten nicht lange, sondern pendelten kurz, und channelten den Energiefluss-Coach.

Der hob, leicht war es nicht, die Schwingung des Grundstücks auf das höchstmögliche Niveau und bettete das Gebäude in den natürlichen Umgebungsplan von Mutter Erde. Verlegte einen Schutzring, der verhindern wolle, dass negative Energien des Umfelds Einfluss auf das Haus und die Menschen nähmen. Drei Monate arbeitete der Bewusstseins-Forscher an der Reinigung des Krankenhauses. Die Liebe des Grundstücks wuchs und die Dimensionen des Glücks überschlugen sich, was unter anderem auch darin begründet war, dass für die Beratung 95.000 Ösen den Besitzer wechselten. Schutzringgeld.

Die esoterische Groteske rief Spötter auf den Plan, hämische Kritiker, und ein publizistischer Tornado fegte durch den Boulevard. Die Katholische Kirche antwortete mit Nächstenliebe und tröstete. Ein einfacher Segen hätte es auch getan, der wäre zudem kostenlos gewesen. Allenfalls wären Blasmusikkosten angefallen.

Urteilen wir nicht alle zu hart? Hat ein Gebäude nicht Liebe verdient? Zuneigung durch Pendel und Kristall? Sind Krankenhausmanager nicht auch Menschen mit spirituellen Bedürfnissen? Sehnsüchten nach Regenbögen, Elfenklang, dem Herzschlag des Wassers? Hand aufs Herz, wer von uns hat keine Lieblingszahl? Geht gern unter Leitern durch und freut sich über das Queren einer schwarzen Katze von links? Freitag, der Dreizehnte? Klopfen wir auf Holz. Wer ohne Aberglauben ist, der werfe den ersten Amethyst.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 24.3.2018.

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