Wie man nicht mehr raucht

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 09/2018 zum 28.2.2018.

Liebe Frau Andrea,
im Zuge der politischen Debatte ums Rauchen in Lokalen vermisse ich Ideen zum individuellen Aufhören. Nur wie schafft man das?
Liebe Grüße,
Sabine Fröhlich, Baden, per Email

Liebe Sabine,

ich habe keine Ahnung wie „man“ es schafft. Ich habe mit 29 meine erste Zigarette geraucht und es war wunderbar. Ich liebte es sofort. Die grazile Speedigkeit, das coole Zusammensitzen in Lokalen, die schönen Begegnungen mit Gleichgesinnten (hast du Feuer?), die grafische Eleganz der Schachteln (Smart Export)! Herrlich. Rundherum. Ein Gesamtkunstwerk. Rauchen war mein Ding. Sex für die Lunge! Bald war ich auf zwei Schachteln täglich, die Arbeit ging flott von der Hand, die Ideen spritzten nur so. Den farbschönen Teer hustete ich gerne aus. Der Rauch? Ein Menschheitsbegleiter.

Wie schön waren die Frühstücke! Ein Tässchen kalten Kaffees und die Morgenzigarette im Sonnenschein! Ich war schlank und rank. Nikotin war meine Droge. Rauchen war intellektuell verführerisch und abenteuerlich urban, es war Freude, Freiheit, Klarheit, Lust. Bald schmeckten mir auch Zigarillos, Chili für die Lunge. Cohibas und Partagas, süßer Nebel von Castros Insel, rauchte ich mit Lungenzug. Ich war unzerstörbar und das Glück brannte in mir. Ich qualmte am Rad, unter der Dusche, in der Stadt und am Berg. Drei Schachteln am Tag, zwei in der Nacht. Bis das Wunder geschah. An einem Tag im November 1998. Es erschien mir Oksigen, der Engel des Gottes Pulmopan, schlug mir auf die Stirn mit einer Hand aus Licht und verhieß: Du bist frei. So kam ich los vom bösen Gift.

So war es natürlich nicht. Mein Aufhören folgte nüchternen Überlegungen. Ich wollte nicht sterben wie die Leute, die ich gut kannte aus den Bars und Spelunken. Einer nach der anderen waren sie tot umgefallen. Ich wollte weiterleben. Mein Aufhören folgte der Erkenntnis des genussvollen Inhalierens. Sauerstoff, hatte ich gelesen, wäre ebenfalls ein süßes Gift. Und das war es. Ich ließ die letzte Zigarette, mitten in der Schachtel, und verschrieb mich einem noch viel schöneren Surrogat. Dem tiefen Lungenzug aus reiner Luft. Kostbare Lust, immer da. Ich habe nie wieder geraucht.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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