Kampagnenwerkzeug

Die Kampagne ist nach gängigem Verständnis das koordinierte Zusammenwirken einer Gruppe von Akteuren, ein bestimmtes Ziel zu erreichen: Das Ergebnis. Wir kennen den Begriff der Kampagne aus der Werbung und aus der Archäologie. Heute und hier interessiert uns die Wahlkampagne, ein Amalgam der Vorgenannten. Für die eigene Gruppe wird geworben, über die andere wird Altes, Schmutziges ausgegraben. Der emeritierte UN-Generalsekretär und spätere Bundespräsident Waldheim hat den Begriff in Österreich eingeführt, als er während des Wahlkampfs beklagte, die „Ostküste“ führe eine Kempäin (campaign) gegen ihn. Wir erinern uns: Kandidat Waldheim konnte sich nicht erinnern, was er im Kriege tat, warum er Uniform trug und auf einem Pferd saß. Und das in Griechenland.

Wir sind in medias res, dem Vater aller Dinge, dem Krieg. Er hat auch unseren Begriff hervorgebracht. Aus dem lateinischen campus (Feld) wurde über das spätlateinische campānia die französische campagne und die italienische campagna, der Feldzug. Von hier hat ihn der Kapitalismus entliehen und fest in der Kaufmannssprache etabliert.

Es darf also nicht wundern, wenn politische Kampagnen mit kriegerischen Mitteln geführt werden. Ein Potentat (der Kandidat) führt mit Hilfe eines Generals (des Wahlkampfmanagers) und eines Stabs einen Feldzug mit dem Ziel, die Zitadelle (das Wählerreservoir) zu erobern. Analysten vermessen Gegner und Schlachtfeld, errechnen die Chancen und benennen die Risken. Strategen entwerfen Schlachtpläne und Nachschublogistik. Nach altem Brauch wird mit Farben und Schlachtrufen gearbeitet. Spione berichten aus den gegnerischen Besprechungen oder begehen Sabotageakte. Es wird mit Informationen gehandelt und mit Desinformationen. Der eigene Potentat wird als unzerstörbarer Heros inszeniert, der gegnerische als Versager und Dillettant desavouriert. Alles ist einer Selbstverständlichkeit untergeordnet: Die eigene Truppe zu motivieren. Deren Sold ist nur ein Vorschein. Nach der Eroberung wird der Staatsschatz neu verteilt.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 2.9.2017.

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