Serenität der Serendipität

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 24/2017 zum 14.6.2017.

Liebe Frau Andrea,
mein Lebensmensch erzählt mir immer von der Macht des Zufalls, den nennt er fälschlich „Serenität“. Irgendwas stimmt da nicht.
Liebe Grüße,
Carmen Berger-Huber, Floridsdorf, per Email

Liebe Carmen,
Serenität, soviel wie „heitere Gelassenheit“ kommt vom lateinischen „serenitas“, und dieses von „serenus“, heiter, klar. Mit einiger Wahrscheinlichkeit meint Ihr Partner allerdings den Begriff “Serendipität“, englisch „serendipity“. Darunter verstehen wir eine zufällige, überraschende, scharfsinnige und weitreichende Entdeckung oder Erkenntnis.

Die Autorenschaft am Neologismus wird dem britischen Schriftsteller und Politiker Horace Walpole (1717-97) zugesprochen. Der führt den Begriff in einem einem Brief ein, den er 1754 an einen Freund schreibt. Walpole nimmt Bezug auf eine ikonografische Entdeckung, die er mit dem ausdrucksstarken Wort „serendipity“ bezeichnet. Dieses hat Walpole vom Titel des orientalischen Märchens der ‚Drei Prinzen von Serendip‘ entlehnt. Die drei Sagenfiguren hätten, so der Plot des Märchens, auf einer Reise durch Zufall (‚accident‘) und Scharfsinn (’sagacity‘) wiederholt Entdeckungen gemacht, die sie gar nicht gesucht hätten.

Die Rezeptionsgeschichte des Begriffs untersucht der US-amerikanische Soziologe Robert K. Merton in seinem Werk ‚The Travels and Adventures of Serendipity‘. Nach Mertons 1946 geprägter Definition ließe sich ‚Serendipity‘ als unerwartete, anomale und strategische Information beschreiben, die die Gelegenheit für die Entwicklung einer neuen Theorie liefere. Alle drei Elemente seien dabei entscheidend – die Information sei nicht das, was erwartet würde, sie sei überraschend, weil sie von der vorherrschenden Theorie abweiche, und das Datum müsse von strategischer Bedeutung für eine weitreichende Weichenstellung sein. Die drei Elemente von ‚Serendipity‘ sind nach Merton, also: Das Unerwartete, Anomale und strategisch (Relevante). Klingt etwas theorietrocken. Handfester indes ein paar ausgesuchte Beispiele für Serendipity: Columbus Entdeckung Amerikas, Röntgenstrahlen, Penicillin, Zellophan, Gummireifen, Viagra, Post-Its und Sekundenkleber.
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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