Was Professoren aus dem Urlaub mitbringen

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 30.7.2016.

Jeder kennt sie, die Sammler und Aufbewahrer. Die Stapler und Anhäufer. Ihre Wohnungen und Büros ähneln Müllhalden, ihre Gärten verkommen zu wuchernden Deponien: Messies. Trotz der anglophonen Anmutung des Begriffs heißt das Syndrom im Englischen “compulsive hoarding”, soviel wie: zwanghaftes Horten. Messies, Müllende, sollten also eher Horter genannt werden, denn das, was wir Unordnung nennen, hat für Horter eine ganz eigene Ordnung.

Der Begriff des Horts für den Schatz, das Angehäufte, die Fülle oder Menge, ist schon im 8. Jahrhundert bezeugt. Die Etymologen führen das Wort auf die rekonstruierte germanische Form *huzda, soviel wie “verborgener Schatz” zurück. Der Hort ist demnach “das ins Versteck gesetzte”, verwandt mit lateinisch custos, Wärter, “dem zum Versteck Gehörigen”.

Messies, Horter, sind also Wärter. Museumswärter. Ankäufer und Verwalter ihrer ganz eigenen, sehr persönlichen, oft ins Pathologische kippenden Sammlung. Der Übergang zwischen der Ordnung einer privaten Sammlung und dem Chaos einer persönlichen Erinnerungshalde ist ein fliessender. Strukturelle Ordnung wird von der emotionellen überwuchert und für Unbeteiligte nicht mehr lesbar.
In der Therapie des Messietums gilt Coaching als probates Mittel. Coaches leisten unaufgeregt Gesellschaft, helfen bei der Erstellung von Arbeitsplänen und bei der Strukturierung des Aufräumens, ermutigen die Betroffenen zum Aussortieren und zur Trennung und fördern den Übergang von der Selbstregulationsschwäche zur Entscheidungsautonomie. Coaching leistet Hilfestellung bei der Angst vor der Leere, transformiert die emotionelle Ordnung in eine strukturelle.

Als erste Schritte in der Abarbeitung von Halden gilt das Freimachen der Wege und in dessen Folge das sukzessive Befreien von Flächen. Das Leermachen wird an Stelle des Anfüllens gesetzt, bis die beiden Antagonisten ein gesundes Verhältnis zu einander einnehmen.
Was aber mit denen, die Messies sammeln? Und was mit denen, die Therapeuten horten?

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