Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 16.1.2016.
Die Hofburg ist keine einfache Adresse. Der Amtssitz des österreichischen Bundespräsidenten hat Geschichte. Vor allem farbliche. Wie das Amt selbst ist auch das offizielle Rot der Republik eine Realsatire auf die Befindlichkeiten der Vorgänger aus dem Erzhaus.
Das Rot der Republik dürfen wir in der himbeerfarbenen Seidentapete erblicken, mit dem das sogenannte Maria-Theresien-Zimmer in der Wiener Hofburg ausgeschlagen ist. Der große dreifenstrige Raum dient heute als Zeremoniensaal der Zweiten Republik. Hier empfängt UHBP (Unser Herr Bundespräsident) Staatsgäste zum Privatgespräch. Der präsidiale Auftritt erfolgt über die hintere innere Ecke des Saales, zwischen Kachelofen und astronomischer Uhr. Hier ist die berühmte Tapetentür eingeschnitten, durch die UHBP, aus der Tiefe seines Bureaus kommend, Potentaten und der Öffentlichkeit begegnet.
Der Raum diente Maria Theresia während ihrer Witwenzeit als Schlafgemach. Hier ist Marie Antoinettes Mutter im Jahre 1780 gestorben. Dreiundsechzigjährig. Während die Zeit rückwärts lief. Dies tat sie auf der noch heute verwendeten Astronomischen Uhr, deren verkehrtes Ziffernblatt es der Kaisergattin ermöglichte, selbst vom Bett aus, über einen Spiegel, Datum, Uhrzeit und Mondphase abzulesen.
Im Ornament der Tapete wollen Fremdenführer die Ananas und ihre spitzen Blätter erkennen. Tatsächlich ist im feinen Hofdamasts die Regentin des Almgrunds, die freiheitsliebende Distel verewigt. Dieser Trakt der Hofburg war noch zu späten Kaiserzeiten als Museum eingerichtet und im Stil des Neorokoko verkleidet worden. UHBP amtiert also in einem kaiserlich-königlichen Museum und nicht im Museum des Kaiserlich-Königlichen.
Vor dem blutroten Muster des Disteldamasts werden die Angelobungen der Kabinette der Republik vorgenommen. Das steinerne Grau der präsidialen Miene kontrastiert dabei gut mit der Hoftapete und ist auf vielen detailreichen Fotos dokumentiert. Auch der ideale Amtsnachfolger wird dem gewiss gerecht werden. Falls er kandidiert.